(Werbung) Besucher der Altmark suchen im Norden Sachsen-Anhalts Ruhe, aber auch kulturelle Erlebnisse. Wo könnte sich beides besser vereinen, als in den bezaubernden Kirchen und Klöstern zwischen Salzwedel und Stendal? Rund 500 kunst- und kulturhistorisch wertvolle Sakralbauten finden sich in der Altmark. Der Altmärkische Regionalmarketing- und Tourismusverband (ART) hat 10 Routen entwickelt, die zu den 70 schönsten Kirchen der Altmark führen.
Inhalt
Für einen kleinen Road Trip habe ich mir die Kirchenroute Nr. 6 ausgesucht. Sie gilt auch als Barock-Kirchen-Tour. Auf einer Länge von rund 130 Kilometern fasst die Route neun sehenswerte sakrale Bauwerke zwischen Salzwedel und Stendal zusammen.
Dom St. Nikolaus und St. Marienkirche in Stendal
Die Kirchenroute Nr. 6 nimmt ihren Ausgang in Stendal, der „Hauptstadt“ der östlichen Altmark. Stendal beheimatet gleich zwei kunstgeschichtlich herausragende Gotteshäuser: den Dom St. Nikolaus und die Stadt- und Ratskirche St. Marien. Beide Kirchen sind Werke der Backsteingotik und im 15. Jahrhundert in ihrer heutigen Form entstanden. Bei meinem Besuch fand ich beide auf unterschiedliche Art sehr beeindruckend.
Die sehenswertesten Elemente des Doms St. Nikolaus sind die großflächigen Glasmalereifenster. Sie sind beispielsweise im Altarraum mit Originalverglasung aus dem 15. Jahrhundert erhalten und zaubern ein geradezu mystisches Licht. Auch das spätgotische Chorgestühl hat mir sehr gut gefallen.
In der St. Marienkirche haben zuerst die filigrane Chorschranke und der prächtige Hochaltar meine Aufmerksamkeit erregt. Hier könnte man ewig im abgeschirmten Chorraum verweilen, um die Bildgeschichten, die der Flügelaltar erzählt, zu betrachten. Doch St. Marien ist auch für seine Glocken berühmt. Deshalb lohnt sich der Weg hinauf auf den Glockenturm unbedingt.
Stiftskirche St. Nikolaus in Beuster
Dass Beuster direkt an einem Altarm der Elbe und damit im UNESCO Biosphärenreservat Mittelelbe liegt, ist mir erst gar nicht aufgefallen. Wohl aber, dass sich hier Fuchs und Hase Gute Nacht sagen. Die romanische Augustiner-Stiftskirche wirkt überdimensioniert im 200-Seelen-Dorf Beuster. Dabei war sie ursprünglich noch größer.
Dr. Volker Stephan berichtet, dass der romanische Turm der Kirche im Jahr 1500 abgebaut und ein neuer gotischer Turm in das Kirchenschiff hineingestellt wurde. Als Vertreter des Fördervereins St.-Nikolaus-Kirche Beuster führt er mich durch das Gotteshaus.
Ich erfahre, dass die dreischiffige Backsteinbasilika im 12. Jahrhundert errichtet wurde und damit zu den ältesten Backsteinbauten nördlich der Alpen zählt. Ursprünglich war das Gotteshaus die Kirche des Kollegiatstifts Beuster. Zur mittelalterlichen Klosteranlage zählten neben der Kirche auch ein Kapitelsaal, Schlafsäle und ein Kreuzgang. Der Kreuzgang befand sich in der Stelle, an der heute der Friedhof ist. Im Kloster lebten jedoch keine Mönche, sondern nur Chorherren.
Das Kloster ist heute weitgehend verschwunden. Das gleiche gilt für die Originalausstattung der Kirche. Lediglich der romanische Taufstein ist noch im Original erhalten.
Einkehrtipp in Beuster: Schäferei Schuster
Nach dem Besuch der Stiftskirche kehre ich in der Schäferei Schuster ein – genau im richtigen Moment, um einem Wolkenbruch zu entkommen. Kerstin Schuster betreibt direkt hinter dem Deich und am Elberadweg einen Hofladen mit gemütlichem Café und sogar eine Ferienwohnung.
Hier gibt es nicht nur alles, was die Deichschafe vom Fell bis zur Lammsalami so hergeben, sondern auch exzellente hausgemachte Hefekuchen und Torten. Ich habe der süßen Verlockung erst einmal widerstanden und stattdessen eine Lamm-Soljanka probiert – köstlich! Als Nachtisch gönne ich mir schließlich ein leckeres Stück Erdbeertorte. Absolut empfehlenswert.
Öffnungszeiten und Kontakt Hofladen und Café Schäferei Schuster
- Geöffnet Donnerstag bis Sonntag von 14 bis 18 Uhr
- Ostorfer Straße 2, 39615 Seehausen/Altmark, OT Beuster
- Webseite der Schäferei Schuster
St.-Petri-Kirche in Seehausen
Vor St. Petri in Seehausen erwartet mich Christian, der erste Türmer der Kirche. Zur Begrüßung stößt er in sein Horn. Doch eigentlich, so lerne ich später, geschah dies früher zu anderen Anlässen. Dazu später mehr.
Wir betreten die Backsteinbasilika durch einen unspektakulären Seiteneingang. Wieder einmal bin ich beeindruckt von der schieren Größe des Gotteshauses, das zwischen dem 12. und dem 15. Jahrhundert in unterschiedlichen Stilen gebaut und mehrmals umgebaut wurde. Die Außenwände des Langhauses stammen original aus dem 12. Jahrhundert.
Christian alias Dr. Walter Fiedler hat allerhand zu berichten, beispielsweise, dass das Gotteshaus zu seiner katholischen Zeit über 16 Seitenaltäre verfügte. Auch ein dramatischer Vorfall ist überliefert: So sei die Spitze eines Turms im 16. Jahrhundert während des Gottesdienstes abgebrochen und ins Kirchenschiff gestürzt.
Bemerkenswert ist in St. Petri einiges:
- ein romanisches Backsteinportal
- geschnitzter Holzaltar
- eine fast einzigartige Abendmahl-Darstellung
- Fund eines Münzschatzes
- die Türmerwohnung
Romanisches Backsteinportal
Nach der Einleitung treten wir vor das Hauptportal von St. Petri. Es liegt geschützt unter den wehrhaften Westtürmen in einer Kapelle, die im 15. Jahrhundert nachträglich angebaut wurde. Das Portal gilt als eines der schönsten romanischen Backsteinportale in Norddeutschland. Backstein und Sandstein bilden ein romanisches Stufenportal mit eingestellten Säulen.
Holzaltar
Der prächtige Holzaltar verfügt über 152 geschnitzte Figuren. Im unteren Bereich, der sogenannten Predella des Hochaltars, entdecke ich eine Kopie von Leonardo Da Vincis Gemälde „Das letzte Abendmahl“. Dieses Bild wurde erst im 19. Jahrhundert anstelle einer außergewöhnlichen Darstellung dieses Ereignisses eingefügt.
„Das letzte Abendmahl“ mit liegenden Aposteln
Im Jahr 2022 fand man zufällig in einem Schrank das ursprüngliche Altarbild wieder. Es zeigt Jesus und die Jünger im Gegensatz zu üblichen Darstellung nicht sitzend, sondern liegend beim letzten Abendmahl. In Deutschland ist nur ein vergleichbares Abendmahl-Bild bekannt.
Ein Münzschatz
Im Jahr 1991 fanden Bauarbeiter in St. Petri einen über Jahrhunderte verborgenen Schatz. In einem Gefäß befanden sich Münzen und Schmuck aus der Zeit zwischen 1535 und 1635. Demnach muss der Schatz während des Dreißigjährigen Krieges vergraben worden sein. Die Münzen stammten beispielsweise aus den Niederlanden, aus St. Gallen und aus Salzburg. Leider ist der Schatz nicht in Seehausen zu sehen, er wird in Osterburg in einem Museum ausgestellt.
Türmerwohnung
Nun gegen Ende der Führung durch St. Petri habe ich die Gelegenheit zu erkunden, wie es sich in einem Kirchturm lebt. Seit 1680 wohnte über einen Zeitraum von fast 300 Jahren durchgehend ein Türmer mit seiner Familie der Türmerwohnung. Die spartanischen Räume liegen 55 Meter über den Straßen der Hansestadt. Aus den Fenstern bietet sich ein fantastischer Blick über die Dächer Seehausens und der Umgebung.
Hier oben finde ich auch das Horn des Türmers wieder. Es hängt griffbereit neben dem Fenster und diente dazu, die Bürger zu warnen, wenn beispielsweise ein Feuer ausgebrochen war. Denn zu den Aufgaben des Türmers gehörte, in kurzen Abständen aus den Fenstern zu schauen, um sich davon zu überzeugen, dass alles seine Richtigkeit hat.
Der Aufstieg über die Holzstiegen ist beschwerlich, aber abwechslungsreich. Ich komme an einem öffentlichen Wäschetrockenplatz, dem Hühner-“Hof“ der Türmerfamilie und an den Glocken vorbei, um nur Beispiele zu nennen. Als Lohn für den Aufstieg überreicht mir Christian zum Abschied den „Türmerling“, einen Kräuterlikör.
Arendsee: Klosterkirche, Klosterruine und das „altmärkische Meer“
Auf der Kirchenroute Nr. 6 erreiche ich nun ein weiteres Highlight: Arendsee. An den stillen Wassern des gleichnamigen Sees liegt eine Klosterruine. Die dazugehörige spätromanische Kirche trägt den etwas sperrigen Namen Klosterkirche St. Marien, St. Johannes und St. Nikolaus. Arendsee muss eine gefährliche Gegend sein, dass die Kirche gleich drei Heiligen zum Schutz anbefohlen wurde, denke ich mir.
Der Arendsee
Tatsächlich berichtet die Legende von schrecklichen Ereignissen, die sich hier zugetragen haben sollen. Allein die Entstehungsgeschichte des Sees, der mit bis zu 50 Metern zu den tiefsten Seen Norddeutschlands zählt, jagt mir einen leichten Schauer über den Rücken. Der Arendsee ist durch den Einbruch eines Salzstocks entstanden, der sich vor mehr als 1200 Jahren ereignete.
Bei einem weiteren Einbruch im Jahr 1685 soll sich die Seefläche gleich um 20 Hektar vergrößert haben. Und hier kommen wir zur vermeintlichen Legende, die besagt, dass bei einem schweren Unwetter die Mühle des Ortes vom Wasser verschluckt wurde. Sogar die Gebrüder Grimm haben diese Geschichte in einer Sagensammlung aufgenommen. Doch die Legende ist wahr. Denn in 1983 und im Jahr 2000 bargen Taucher Mühlensteine vom Grund des Sees.
Heute ist der Arendsee ein beliebtes Freizeitgewässer, auf dem Kanuten, Segler, Fischer und ein Raddampfer namens Queen unterwegs sind.
Klosterruine mit Seeblick
Zwischen See und Klosterkirche liegen die Ruinen des einstigen Benediktiner-Nonnenklosters Arendsee. Durch die zahlreich in den verwitterten Mauern vorhandenen Fensteröffnungen kann ich den See sehen – eine nicht ganz alltägliche Lage für ein Kloster. Ob die bis zu 70 Nonnen, die hier lebten, den Seeblick aus dem Refektorium – dem klösterlichen Speisesaal – genossen haben?
Fest steht, dass die Benediktinerinnen in Arendsee eine Klosterschule betrieben und sich in einem eigenen Klosterhospital der Krankenpflege widmeten. Doch 1540, als das Kloster unter Priorin Anna von Jagow gerade seine Blütezeit mit maximalem Besitz und Einfluss erreicht hat, wird es aufgelöst. Das Klostergut wird kurfürstliche Domäne, in den Klosterräumen findet ein adliges Frauenstift Platz. Ab 1868 verfällt das Kloster.
Klosterkirche St. Marien, St. Johannes und St. Nikolaus Arendsee
Die Klosterkirche entstand ab 1185 und damit noch vor den eigentlichen Klostergebäuden. Sie wurde im spätromanischen Stil aus Backstein erbaut. Im Norden schließt an das Kirchengebäude ein zweistöckiger Kreuzgang an – der einzige noch erhaltene Flügel des Kreuzgangs.
Wir verlassen den abgeschiedenen klösterlichen Innenhof durch die Demutspforte und kommen in den Klostergarten. Noch heute ist es ein Vergnügen, sich hier zwischen all den blühenden Blumen und Gräsern aufzuhalten. In diesem Moment bricht die Sonne durch die Wolken und verstärkt die heitere, ja geradezu gelöste Stimmung dieses Ortes. Jetzt kann ich nachvollziehen, warum Markgraf Otto I. und seine Frau Adelheid ausgerechnet an dieser Stelle ein Kloster gründeten.
Weitere Kirchen an der Kirchenroute Nr. 6
- Dom St. Marien in Havelberg
- Johanniskirche in Werben (Elbe)
- Marienkirche in Salzwedel
- Katharinenkirche in Salzwedel
Weiterlesen und Weiterhören
Folgende an der Kirchenroute Nr. 6 gelegene Orte sind gleichzeitig Stationen an der sachsen-anhaltinischen Tourismusroute Straße der Romanik:
- Kloster Arendsee
- St.-Nikolaus-Kirche Beuster
- St.-Petri-Kirche Seehausen
Zum Weiterlesen: An der Kirchenroute Nr. 3 liegt die Dorfkirche Schönhausen, St. Maria und St. Willebrord. Die kleine Gutskirche Krumke liegt an der Route 2.
Zum Weiterhören: Im Altmark-Podcast „Damals Kirchen – heute ein Schatz“ berichten die Journalisten Björn Menzel und Pierre Gehmlich von ihrer Reise durch die Altmark, unter anderem zum Kloster Arendsee.
Zum Planen: Auf dieser Seite hat der ART Tourenvorschläge zum Erkunden der Kirchen- und Klosterlandschaft zusammengestellt.
Alle Fotos: Beate Ziehres
Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit dem Altmärkischen Regionalmarketing- und Tourismusverband (ART). Vielen Dank für die Einladung und die hervorragende Organisation der Reise!