Im Jahr 2023 jährt sich der Tod Ottos des Großen zum 1050. Mal. Anlass genug, mich etwas ausführlicher mit dem mittelalterlichen Herrscher zu befassen. Mehr noch: Ich begab mich auf „Des Kaisers letzte Reise“. Sie führte Otto, der ganz der Mode der damaligen Zeit entsprechend immer auf Achse war, von Magdeburg nach Memleben, wo der Kaiser mit 60 Jahren verstarb.

Hier geht es um Magdeburg, seinerzeit die Lieblingspfalz von Otto dem Großen. Außerdem geht es natürlich um Otto selbst, seine Frauen, die Spuren, die er in der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt hinterlassen hat, und um eine Einkaufsliste. Dazu gibt’s einen Tipp für Mittelalterfreunde und eine Restaurantempfehlung.

Reisekönigtum im Mittelalter

Eine Angewohnheit der mittelalterlichen Herrscher gefällt mir als Reiseblogger natürlich besonders gut: das sogenannte Reisekönigtum. Damals wurde nicht von Hauptstädten aus regiert. Könige und Kaiser reisten mit ihrem kompletten Gefolge durch ihr Reich.

Unterwegs kam der Hof auf Pfalzen oder Königshöfen unter und blieb an einem Ort, bis in der jeweiligen Region die Nahrungsmittel aufgebraucht waren. Der tägliche Bedarf war immens. In einer Chronik wird die Einkaufsliste des Hofstaats von Ottos I. wiedergegeben. Darauf stehen unter anderem 1000 Schweine und Schafe, zehn Fuhren Wein, zehn Fuhren Bier, acht Rinder, dazu Hühner, Ferkel, Fische, Eier, Hülsenfrüchte und Getreide. Täglich! Allerdings soll im Mittelalter das Schlachtvieh wesentlich kleiner gewesen sein als heute.

Königshof Walbeck bei Hettstedt. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Königshof Walbeck bei Hettstedt. Auch hier machte Kaiser Otto I. während seiner letzten Reise Station.

Zu bedenken ist außerdem, dass neben mehreren hundert Hofangehörigen auch beispielsweise Pferde und Ochsen mitversorgt werden mussten. Bei großen Hoftagen konnten auch tausende oder gar zehntausende Menschen zusammenkommen, die allesamt verköstigt werden mussten.

Ottos letzter Besuch in Magdeburg

Doch nun zu Ottos letztem Besuch in Magdeburg. Im März 973 kehrt der erste Kaiser des Heiligen Römischen Reiches mit seinem Gefolge in die Stadt zurück. Die schicksalhafte Reise hatte bereits im Hochsommer 972 im italienischen Pavia begonnen. Seitdem bewegte sich der Tross in Richtung Alpen und weiter nach Mitteldeutschland.

Weihnachten feiert der Hof in Frankfurt am Main. Am Palmsonntag, dem 16. März 973, werden der Kaiser, seine Frau Adelheid, sein Sohn Otto sowie Schwiegertochter Theophanu prunkvoll im Magdeburger Dom empfangen. Otto I. verkündet feierlich die beim Papst erreichte Gründung des Erzbistums Magdeburg und übergibt der Kirche zahlreiche Geschenke.

Von Kaiser Otto gestiftetes Taufbecken im Magdeburger Dom. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Von Kaiser Otto gestiftetes Taufbecken im Magdeburger Dom.

Magdeburg selbst verdankt dem einflussreichen Herrscher den Aufstieg zu einer der bedeutendsten mittelalterlichen Metropolen Europas. Archäologische Funde untermauern die imperiale und sakrale Bedeutung Magdeburgs für das von Otto I. begründete Herrschergeschlecht der Ottonen. Die Stadt diente auch als Morgengabe für Ottos erste Gemahlin Editha. Die englische Königstochter kam im Alter von 19 Jahren nach Magdeburg, um Otto I. zu heiraten.

In diesen Märztagen des Jahres 973 bleibt der Hof nicht lange in Magdeburg, denn schon das Osterfest will man in Quedlinburg feiern. Und so zieht Otto mit seinem Gefolge nach einem kurzen Besuch weiter in Richtung Harz.

Dom St. Mauritius und Katharina zu Magdeburg

Bevor wir jedoch der letzten Reise des Kaisers nach Quedlinburg und Memleben folgen, verweilen wir etwas in Magdeburg. Eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten und Wahrzeichen der Stadt ist der Dom St. Mauritius und Katharina. Otto I. und seine erste Frau, Königin Editha, hatten einen starken Bezug zu Magdeburg und zum Dom. Sie sahen die Kathedrale als Symbol ihrer Macht und des christlichen Glaubens im aufstrebenden deutschen Reich.

Das majestätische Gotteshaus im Herzen Magdeburgs beeindruckt mich immer wieder mit seiner imposanten Architektur. Es ist die erste von Anfang an gotisch konzipierte und die am frühesten fertiggestellte Kathedrale der Gotik in Deutschland. Der Dom, wie wir ihn heute besichtigen können, wurde ab 1209 gebaut. Er ist der Nachfolgebau des Ottonischen Doms, der 1207 bei einem großen Stadtbrand schwer beschädigt wurde. Unter großem Protest der Bevölkerung ließ der Erzbischof damals die erhalten gebliebenen Außenmauern abtragen. Aus den Steinen entstand an gleicher Stelle der neue Dom.

Doch zurück zu Kaiser Otto. Er gründet 937 an der Elbe das Mauritiuskloster. Editha wird dort 946 bestattet und auch Otto selbst hatte bestimmt, in Magdeburg beigesetzt zu werden. Es ist nachgewiesen, dass Otto in den 950er-Jahren einen großartigen Domneubau im spätromanisch-gotischen Stil in Auftrag gibt. Zahlreiche Kostbarkeiten, die Otto I. spätestens bei seinem letzten Besuch im März 973 nach Magdeburg bringt, sollen seinen imperialen Anspruch untermauern.

Nach seinem plötzlichen Tod in Memleben wird die sterbliche Hülle von Kaiser Otto I. im Mai 973 nach Magdeburg gebracht. Die Herrscherfamilie und Weggefährten wohnen seiner Beisetzung im Dom bei.

Die Grablegen Ottos des Großen und seiner ersten Gemahlin Editha wurden später im Altarraum des heutigen Doms platziert. Dort finde ich sie bei meinem Besuch. Doch auch das Kirchenschiff mit der hohen Gewölbedecke, die kunstvoll verzierten Säulen und die würdevoll-kühle Atmosphäre nehmen mich wieder einmal gefangen.

Grab von Kaiser Otto im Magdeburger Dom. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Das Grab Ottos des Großen befindet sich an prominenter Stelle in der Mitte des Hohen Chores im Magdeburger Dom.

Grab von Königin Edith im Magdeburger Dom. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Grab von Königin Editha im Magdebirger Dom, mit Blick nach Osten.

Während Ihres Besuchs im Magdeburger Dom sollten Sie unbedingt eine Führung mitmachen. Die sachkundigen Guides erzählen von der Geschichte des Doms, der Bedeutung von Otto I. und Editha sowie den architektonischen Besonderheiten. Von April bis Oktober werden Turmführungen angeboten und von Oktober bis April Nachtführungen. Alle Zeiten, Treffpunkt und Preise finden Sie auf der Webseite des Magdeburger Doms.

Dommuseum Ottonianum

Nach dem Besuch des Doms begebe ich mich in ein prachtvolles Gebäude gleich gegenüber der Kathedrale. In einem ehemaligen Bankgebäude aus den 1920er-Jahren ist  das Dommuseum Ottonianum untergebracht. Wie der Name schon vermuten lässt, erfahre ich hier alles über Magdeburgs Geschichte, den Dom und seine Schätze sowie Kaiser Otto und seine Frauen.

Thematisiert werden unter anderem die majestätischen und luxuriös ausgestatteten Großbauten, die in ottonischer Zeit auf der heutigen Domplatte entstanden. Die Rede ist von antiken Bauteilen aus Italien, Marmorfußböden, glasierten Dachziegeln und prächtigen Wandmalereien. Die mächtigen Fundamente, die freigelegt wurden, sind auf dem Domplatz zu sehen.

Die Dauerausstellung des Ottonianums versucht auch Menschen jenseits des Bildungsbürgertums anzusprechen und nutzt dafür auch populäre Formate wie Trickfilme. Immer wieder finde ich Anknüpfungspunkte zum Dom oder auch Sichtachsen zur Kathedrale. Mittels Drohnenaufnahmen sieht der Besucher den Dom auch aus ungewöhnlichen Perspektiven.

Öffnungszeiten, Eintrittspreise und Informationen zu Führungen finden Sie auf der Webseite des Dommuseums Ottonianum.

Majestas-Domini-Darstellung aus der Gruppe der Magdeburger Elfenbeintafeln, derzeit zu sehen im Ottonianum. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Majestas-Domini-Darstellung aus der Gruppe der Magdeburger Elfenbeintafeln, derzeit zu sehen im Ottonianum. Kaiser Otto, geleitet vom Heiligen Mauritius, überbringt dem thronenden Jesus Christus ein Modell des Magdeburger Doms.

Dompatrone Heiliger Mauritius und Heilige Katharina flankieren die Mutter Gottes. Die Originale befinden sich am Westportal des Magdeburger Doms. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Die Dompatrone, der Heilige Mauritius und die Heilige Katharina, flankieren die Mutter Gottes. Die Originale befinden sich am Westportal des Magdeburger Doms in luftiger Höhe.

Sonderausstellung zum 1050. Todestag Kaiser Ottos

Im Kulturhistorischen Museum Magdeburg ist bis zum 8. Oktober 2023 eine Sonderausstellung zum Wirken Ottos des Großen zu sehen. „Welche Taten werden Bilder? Otto der Große in der Erinnerung späterer Zeiten“ lautet der Titel. Anlass der Ausstellung ist der 1050. Todestag des Herrschers, der im Mai 973 starb.

Auf das Wirken des Kaisers wurde in späteren Epochen sowohl in der Geschichtsschreibung als auch in der Kunst oft Bezug genommen. Mit zahlreichen Exponaten vom Mittelalter bis in die Gegenwart nähert sich die Ausstellung den unterschiedlichen Deutungen in den jeweiligen Epochen.

Das Kaisertum Ottos des Großen hatte als Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation bis 1806 Bestand. Otto der Große kann damit als früher Gestalter Europas gelten. Anlässlich der Eröffnung sagte der sachsen-anhaltinische Staatsminister und Minister für Kultur Rainer Robra: „Kaiser Otto der Große ist eine der wichtigen identitätsstiftenden Gestalten für Magdeburg und für Sachsen-Anhalt.“ Er habe die Grundlagen geschaffen für die religiöse, politische und wirtschaftliche Vorrangstellung Magdeburgs im Zeitalter der Ottonen.

Weitere Informationen, Öffnungszeiten und Eintrittspreise finden Sie auf der Webseite des Kulturhistorischen Museum Magdeburg.

Zerrbilder Ottos des Großen, Eingang zur Ausstellung "Welche Taten werden Bilder?". Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Zerrbilder Ottos des Großen am Eingang zur Ausstellung „Welche Taten werden Bilder?“.

Kaiser Otto mit seinen Frauen Edith und Adelheid in der Ausstellung, Heinrich Apel, 1989, Ausstellung "Welche Taten werden Bilder?" im Kulturhistorischen Museum Magdeburg. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Kaiser Otto mit seinen Frauen Edith und Adelheid von Heinrich Apel, 1989, in der Ausstellung „Welche Taten werden Bilder?“ im Kulturhistorischen Museum Magdeburg. Im Besitz von Schloss Hundisburg, Haldensleben.

"Die Exkommunikation Roberts des Frommen" (links) und "Einzug von Boleslav dem Tapferen in Kiew" (rechts aus der Abteilung "Große ihrer Nationen - Zeitgenossen in Europa". Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

„Die Exkommunikation Roberts des Frommen“ (links) und „Einzug von Boleslav dem Tapferen in Kiew“ (rechts) aus dem Ausstellungsabschnitt „Große ihrer Nationen – Zeitgenossen in Europa“.

Tafelaufsatz Magdeburger Reiter, Ausstellung "Welche Taten werden Bilder?" im Kulturhistorischen Museum Magdeburg. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Tafelaufsatz Magdeburger Reiter im Bereich „Anfänge und Gründungen“ der Ausstellung „Welche Taten werden Bilder?“ im Kulturhistorischen Museum Magdeburg.

Kaiser-Otto-Fest in der Ottostadt

Die Ottonen sind zurück! Könnte man zumindest jedes Jahr im September meinen. Dann findet in Magdeburg das Kaiser-Otto-Fest statt. An vier Tagen wird dann das Mittelalter wieder lebendig. Auf der Festmeile zwischen dem Kloster Unser Lieben Frauen und dem Remtergang hinter dem Magdeburger Dom gehen Schmied, Steinmetz und Böttcher ihrem Handwerk nach. Es duftet nach Mutzbraten, Met und Striezel, während Feuerkünstler, mittelalterliche Musikanten, Ritter und fabelhafte Wesen für kurzweilige Unterhaltung und viele Überraschungen sorgen.

In 2023 feiern die Magdeburger von 29. September bis 1. Oktober Kaiser Otto, seinen Hof, die Rittersleute und das Leben im Mittelalter. Alle Informationen und das Programm zum Download finden Sie auf der Webseite des Kaiser-Otto-Festes.

Grüne Zitadelle mit Kaiser-Otto-Laden

Die neben dem Dom wohl beliebteste Sehenswürdigkeit Magdeburgs ist die sogenannte Grüne Zitadelle. Seit dem Jahr 2005 bereichert Friedensreich Hundertwassers Bauwerk das Stadtbild der Ottostadt. Die Grüne Zitadelle bietet individuellen Lebens- und Erlebnisraum. Während einer Besichtigung des Gebäudekomplexes kann auch der 33 Meter hohe Turm der Grünen Zitadelle bestiegen werden.

Und: Auch in einem der Innenhöfe der Grünen Zitadelle bin ich auf Kaiser Otto gestoßen, genauer gesagt auf „Ottos Spezialitäten“. Hier gibt es „Machdeburjer Eiersuppe“, Lümmeltunke (Magdeburgs schärfster Senf) und Sudenburger Bier – kurz: Gaumenfreuden, Lieblingströpfchen und Köstlichkeiten aus Kaiser Ottos alten Ländereien.

"Ottos Spezialitäten" in der Grünen Zitadelle. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

„Ottos Spezialitäten“ in der Grünen Zitadelle.

Restaurant und Bar „Domkönig“

Weil mir in Gedanken an solche Leckereien schon wieder das Wasser im Munde zusammenläuft, kommt hier gleich noch ein Tipp fürs Mittagessen. In direkter Nähe des Doms habe ich mir im „Domkönig“, einem wirklich modern-gemütlichen Lokal, von der wöchentlich und saisonal wechselnden Mittagskarte einen köstlichen Burrito gegönnt. Ich bilde mir ein, auch im „Domkönig“ bezieht man sich irgendwie auf Otto den Großen.

Burrito im "Domkönig" in Magdeburg. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Burrito im „Domkönig“ in Magdeburg.

Weitere Spuren Ottos in Magdeburg

Im Magdeburger Dom wird in der Regel alle zwei Jahre mit dem Kaiser-Otto-Preis der wichtigste Kulturpreis der Landeshauptstadt verliehen. Mit dem Kaiser-Otto-Preis zeichnet die „Kulturstiftung Kaiser Otto“ Persönlichkeiten aus, „die sich um den europäischen Einigungsprozess besonders im Hinblick auf die mittel-, ost- und südosteuropäischen Staaten verdient gemacht haben“. Bekannteste Preisträger dürften Richard von Weizsäcker, ehemaliger Bundespräsident, Angela Merkel, ehemalige Bundeskanzlerin, sowie der rumänische Präsident Klaus Johannis sein.

Zwei neues Elbbrücken tragen fortan die Namen „Königin-Editha-Brücke“ und „Kaiser-Otto-Brücke“. Mit seinem Beschluss folgte der Rat der Stadt Magdeburg den Vorschlägen der Bevölkerung.

Original Skulpturengruppe "Magdeburger Reiter" aus Sandstein, um 1240/1250, dauerhaft im Kulturhistorischen Museum Magdeburg. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Auch beim berühmten „;Magdeburger Reiter“ soll es sich um Otto den Großen handeln. Die Original Skulpturen-Gruppe „Magdeburger Reiter“ aus Sandstein, um 1240/1250, ist dauerhaft zu sehen im Kulturhistorischen Museum Magdeburg im Kaiser-Otto-Saal.

Pressereise: Mein Dank für die Einladung geht an die IMG Sachsen-Anhalt mbH und an alle an der Organisation und Umsetzung Beteiligten. Ich habe kein Honorar erhalten. Der Text gibt meine eigenen Ansichten wieder.

Als Museumsbloggerin habe ich Welterbestätten in Sachsen-Anhalt besucht. In meinem Artikel schreibe ich auch kurz über Quedlinburg, die Stadt, in der Kaiser Otto sein letztes Osterfest verbrachte.