Tag 2 unserer Wohnmobiltour durchs Markgräflerland. Auf dem Programm steht Schloss Bürgeln. Hier sei man dem Himmel näher, heißt es. Und wirklich: Bei gutem Wetter ist vom Schloss aus die Alpenformation Eiger, Mönch und Jungfrau zu sehen. Und natürlich das Rheintal, die Vogesen und die Kraftwerke, die Frankreich mit Strom versorgen. Apropos Elektrizität: Auch dem Gewitter, das sich gerade vom Schwarzwald nähert, ist man hier näher.

Warum ich von Schloss Bürgeln ganz bezaubert bin

Schloss Bürgeln hat mich schon für sich gewonnen, bevor ich das Foyer betreten habe. Denn auf der Suche nach dem Ort, an dem die Schlosstour beginnt, habe ich die Gärtner kennengelernt: zwei Männer in Latzhosen und mit Kopfbedeckungen. Irgendwie erinnern mich die Beiden an die 7 Zwerge. In einem Gewächshaus neben dem Schloss bemühen sie sich mit Gießkannen um junge Pflänzchen. Nach einem kurzen Gespräch bin ich schon auf dem Weg zum Schlossportal, als einer der Gärtner mir nachruft: „Verstehen Sie mich nicht falsch, gnädige Frau: Aber Sie haben schöne Beine!“ Wenn das kein Einstieg ist!

Wirtschaftsgebäude und Toreinfahrt des Schlosses Bürgeln – Foto: Beate Ziehres

Wirtschaftsgebäude und Toreinfahrt des Schlosses Bürgeln – Foto: Beate Ziehres

Wie wir im Barockgarten von Bürgeln fast die Zeit vergessen haben

Schon vorher haben wir einige Zeit im Barockgarten auf der Südseite des Schlosses verbracht und gesehen, wofür die Pflänzchen im Gewächshaus gezogen werden. Und genau das getan, wofür ein Garten anlegt ist: uns auf überaus angenehme Art die Zeit vertrieben – bis zur nächsten Führung.

Der Barockgarten von Schloss Bürgeln – Foto: Beate Ziehres

Der Barockgarten von Schloss Bürgeln – Foto: Beate Ziehres

Wir haben die akkurat beschnittenen Pflanzen bestaunt, die Ordnung und die gepflegten Wege bewundert und die warme Sonne genossen. Außerdem haben wir entdeckt, dass die Mauern und Wege ein Eldorado für Eidechsen sind.

Über die Gartenmauer kann man die Aussicht genießen. Oder die Eidechsen beobachten – Foto: Beate Ziehres

Über die Gartenmauer kann man die Aussicht genießen. Oder die Eidechsen beobachten – Foto: Beate Ziehres

Die Eidechse fühlt sich wohl auf dem warmen Stein – Foto: Beate Ziehres

Die Eidechse fühlt sich wohl auf dem warmen Stein – Foto: Beate Ziehres

Was es im Schloss zu sehen gibt – ein Rundgang

Dem Rat der Gärtner folgend klingele ich nun beherzt an der respekteinflößenden Eingangstür. Und tatsächlich: Nach kurzem Warten nähert sich jemand durch die Eingangshalle und ein älterer Herr öffnet die Tür. Es ist Wolfram Hartig. Wie die beiden Gärtner, von denen einer der örtliche Arzt im Ruhestand ist, verbringt auch Wolfram Hartig viel Zeit auf dem Schloss. Die Herren sind Mitglieder des Bürgeln-Bundes e.V.. Der Bürgeln-Bund ist seit 1920 Besitzer des Schlosses und verantwortlich für die Geschicke des Kleinods im Markgräflerland.

Das Schlossportal – Foto: Beate Ziehres

Das Schlossportal – Foto: Beate Ziehres

Ein bisschen Geschichte …

Wolfram Hartig ist ein wandelndes Geschichts- und Geschichtenbuch. Er erzählt uns von den ersten Anfängen Bürgelns als Familiensitz des Rittergeschlechts derer von Kaltenbach. Im Jahr 1125 trat die Familie fast vollständig ins Benediktinerkloster St. Blasien ein und stiftete ihren Besitz dem Kloster.

Von diesem Moment an durchlebte der Berg Bürgeln wechselhafte Zeiten. 1762 beauftragte das Kloster St. Blasien den Baumeister Franz Anton Bagnato mit dem Neubau der Propstei Bürgeln. So entstand das Schloss in seiner heutigen Gestalt im frühklassizistischen Stil mit verspieltem Rokokodekor.

Frühklassizistisch mit Elementen aus dem Rokoko: Schloss Bürgeln – Foto: Beate Ziehres

Frühklassizistisch mit Elementen aus dem Rokoko: Schloss Bürgeln – Foto: Beate Ziehres

1920 hatte sich der Zustand des Schlosses so verschlechtert, dass man dachte, es müsse abgerissen werden. Dagegen wehrten sich die Bürger – der Bürgeln-Bund entstand. Die rettenden Gelder für den Erhalt des Schlosses kamen von einem Braunschweiger Unternehmensberater. Richard Sichler pachtete das Schloss als Wohnsitz, ließ es behutsam und stilgerecht instand setzen und erweitern. Ein Teil seiner Sammlungen ist heute wieder auf Schloss Bürgeln zu sehen.

Ob das R im Pflaster für Richard steht? Wird wohl so sein ... – Foto: Beate Ziehres

Ob das R im Pflaster für Richard steht? Wird wohl so sein … – Foto: Beate Ziehres

Besonderheiten auf Schloss Bürgeln

Beachtenswert sind aus meiner Sicht die Kachelöfen, die in vielen Zimmern für wohlige Wärme sorgen können – sofern diesen Part nicht die Sonne übernimmt. Zu jedem einzelnen Exemplar kann uns Wolfram Hartig etwas erzählen. Witzig sind auch die Uhren, die in manchen Räumen an den Decken zu sehen sind. Nach dem Prinzip von Kirchturmuhren werden alle sieben Zifferblätter durch ein zentrales Uhrwerk gesteuert.

Begleiten Sie uns hier auf unserem Rundgang durch Schloss Bürgeln:

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Wissenswert für Wein- und Bierfreunde

Im Bildersaal machen wir die Bekanntschaft von Fürstabt Martin Gerbert II, dem direkten Nachfolger des Bauherren von Bürgel. Der Geistliche, der sich nebenbei auch wissenschaftlich, politisch und als Wirtschaftsförderer betätigte,  gründete 1791 in Rothaus die erste Brauerei im Schwarzwald. Die kleine Klosterbrauerei hat sich bis heute zur Badischen Staatsbrauerei Rothaus AG entwickelt. Mein Lebens- und Reisegefährte ist begeistert und bunkert im Tal erst einmal einen kleinen Vorrat. Schließlich kommen wir nicht alle Tage am Ursprungsort des Rothaus „Tannenzäpfle“ vorbei.

Im Land des Gutedel-Weines wird im Bildersaal von Schloss Bürgeln jedoch auch Karl-Friedrich, Großherzog von Baden, gewürdigt.

„Karl-Friedrich brachte Baden-Württemberg großen Segen“

sagt Wolfram Hartig. Karl-Friedrich gilt als Begründer des „Musterländle“ und brachte im Jahr 1780 den Gutedel aus der Schweiz ins Markgräflerland. Hartig macht den Großherzog darüber hinaus für den Tabakanbau in der Region und für die Entwicklung des Blitzableiters verantwortlich.

Bürgeln – beliebter Ort für Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen

Während es draußen rumort und ich mich frage, ob auf dem Schloss der hierzulande erfundene Blitzableiter installiert ist, erfahren wir, dass Schloss Bürgeln ein beliebter Veranstaltungsort ist. So gehört es im Markgräflerland zum guten Ton, auf Schloss Bürgeln zu heiraten. Kirchliche und standesamtliche Hochzeiten sind in der Schlosskapelle beziehungsweise im Bildersaal, im Rosengarten oder im Park des Schlosses möglich.

Das Grün vor dem Schloss ist eine beliebte Kulisse für Hochzeitsbilder – Foto: Beate Ziehres

Das Grün vor dem Schloss ist eine beliebte Kulisse für Hochzeitsbilder – Foto: Beate Ziehres

Daneben feiern die Menschen hier gerne Taufen und Geburtstage, man organisiert Tagungen, Klassentreffen oder Weinproben in den Schlossgemäuern. Sogar für den Antritt der letzten Reise ist das Schloss ein würdiger Veranstaltungsort. In direkter Nachbarschaft liegt ein Bestattungswald.

Als wir uns von Wolfram Hartig verabschieden, ist das Gewitter bedrohlich näher gerückt. Der Schlossführer hat die direkten Witterungseinflüsse als Grund dafür genannt, dass Schloss Bürgeln am Anfang des 20. Jahrhunderts praktisch abbruchreif war. Ich mag ihm das gerne glauben und beeile mich, zum Parkplatz zu kommen.

Bedrohlich nähert sich das Gewitter dem Berg – Foto: Beate Ziehres

Bedrohlich nähert sich das Gewitter dem Berg – Foto: Beate Ziehres

Dennoch: Bürgeln hat mich sehr beeindruckt. Gerne wäre ich noch an diesem außergewöhnlichen Ort so nahe beim Himmel geblieben, hätte auf der Terrasse des Restaurants vielleicht ein kleines Mittagessen zu mir genommen und die grandiose Aussicht genossen. Doch nicht nur das Gewitter, sondern auch der Zeitplan mahnen zum Aufbruch. Es geht weiter nach Weil am Rhein. Darüber berichte ich in einem extra Beitrag.

Lesen Sie im Beitrag Wohnmobil und Wein – eine Reise ins Markgräflerland #1: Müllheim, was wir am ersten Tag an der Badischen Weinstraße erlebt haben.

Sie wollen weitere Schlösser, Gärten und Burgen kennenlernen? Dann schmökern Sie in der Blogparade zum Thema #SchlossGenuss auf der Seite von „Schlösser und Gärten in Deutschland e.V..

Auf der Terrasse des Schloss Restaurants gibt es garantiert Plätze mit Aussicht – Foto: Beate Ziehres

Auf der Terrasse des Schloss Restaurants gibt es garantiert Plätze mit Aussicht – Foto: Beate Ziehres

  • Adresse: Schloss Bürgeln, D-79418 Schliengen, Telefon 07626 237
  • Führungen: im Sommer (1. März bis 31. Oktober) täglich um 11, 12, 14, 15 und 16 Uhr angeboten und im Winter samstags und sonntags um 14, 15 und 16 Uhr; Der Eintritt kostet 6 Euro.
  • Im Juni fallen einige Führungen aus. Zur Sicherheit informieren Sie sich auf der Webseite von Schloss Bürgeln.
  • Das Schloss Restaurant mit der wunderschönen Aussichtsterrasse ist dienstags bis sonntags von 11.30 bis 19 Uhr geöffnet.