Reiselust-Mag https://www.reiselust-mag.de/ Reisetipps für Bestager Tue, 04 Mar 2025 20:58:00 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.5.5 https://www.reiselust-mag.de/wp-content/uploads/cropped-Logo-Reiselust-32x32.png Reiselust-Mag https://www.reiselust-mag.de/ 32 32 Djerba: tunesische Urlaubsinsel ist jetzt UNESCO-Welterbe https://www.reiselust-mag.de/djerba-unesco-welterbe/ Tue, 04 Mar 2025 18:49:12 +0000 https://www.reiselust-mag.de/?p=6449 Spannende Touren bringen den Besuchern von Djerba die einzigartige Geschichte und die Besonderheiten des Weltkulturerbes näher – in der Inselhauptstadt Houmt Souk und vielen anderen Orten der Insel.

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Djerba ist bekannt für lange, weiße Sandstrände, türkisfarbenes Meer, schöne Hotels und Sonnenschein. Doch die südlichste aller Mittelmeerinseln hat auch kulturell viel zu bieten. Seit die Insel im Osten Tunesiens 2023 UNESCO-Weltkulturerbe wurde, entstehen vor Ort neue Angebote, um die Gäste mitzunehmen auf eine spannende Reise in die einzigartige Vergangenheit Djerbas.

UNESCO-Weltkulturerbe Houmt Souk

In der Inselhauptstadt Houmt Souk bin ich mit Wajdi Borgi verabredet. Der charismatische Mittdreißiger kehrte vor einigen Jahren in sein Elternhaus auf Djerba zurück. Er habe die Nase voll gehabt von Büro-Luft, sagt er. Auf seiner Heimatinsel fand er den jahrelang vermissten familiären Zusammenhalt, Leichtigkeit und die geliebte heiter-entspannte Atmosphäre wieder.

Wajdi versteht sich als Urban Worker. „Ich bringe Leute zu Orten, von denen sie meinen, sie gehörten nicht dorthin“, sagt er und öffnet die verwitterte Pforte einer Karawanserei in der Altstadt von Houmt Souk.

Djerba, Tunesien, Houmt Souk, Wajdi Borgi. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Was hat es mit der kleinen Tür im Eingangstor der alten Karawanserei auf sich? Wajdi Borgi weiß es.

Ich trete ein und finde mich in der Vergangenheit wieder. Von Jahrhunderten gezeichneter Anstrich, ausgetretene Stufen, ein Brunnen und eine Zisterne zeugen von lebhaftem Geschehen in diesem Innenhof. Die zahlreich erhaltenen Karawansereien auf Djerba fungierten früher als wirtschaftliche Zentren und Marktplätze.

Djerba, Tunesien, Houmt, Souk, Hof der alten Karawanserei. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Blick in den Hof der alten Karawanserei

Djerba, Tunesien, Houmt Souk, Wajdi Borgi. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Wajdi Borgi bringt mich zu Orten, „von denen Besucher glauben, nicht hinzugehören“.

Djerba, Tunesien, Houmt, Souk, Brunnen im Hof der alten Karawanserei. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Brunnen im Hof der alten Karawanserei.

In den vergangenen Jahren wurden viele Karawansereien modernisiert und fanden eine neue Nutzung als Restaurants, Boutiquen oder Hotels. Sie prägen noch heute das Bild der Altstadt von Houmt Souk, die eines von sieben UNESCO Welterbe-Gebieten auf Djerba ist.

Djerba, Tunesien, Houmt Souk, Restaurant in Karawanserei. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Diese Karawanserei wurde restauriert und beherbergt jetzt ein Restaurant und Läden.

Djerba, Tunesien, Houmt Souk, maltesische Karawanserei. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Die maltesische Karawanserei und das Café Haj’hsan (links im Hintergrund) in der Rue Habib Bou Gaffa

Darum wurde Djerba UNESCO-Weltkulturerbe

Ich mache mit Wajdi die Houmt Souk Walk and Talk Urban Tour UNESCO. Wir streifen durch die Souks, blicken in die kleinen Schneidereien, wo noch gearbeitet wird wie früher und entdecken die Gasse, in der sich die Goldschmiede niedergelassen haben.

Djerba, Tunesien, Houmt Souk, Souk der Schneider. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Unterwegs im Souk der Schneider in Houmt Souk

Djerba, Tuenesien, Houmt Souk, Gasse der Goldschmiede. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Gasse der Goldschmiede

Später setzen wir uns vor dem Café de Haj’hsan in der Rue Habib Bou Gaffa unter einen mächtigen Baum, um einen frisch gepressten Orangensaft zu trinken – im Februar zur Erntezeit der Orangen wärmstens zu empfehlen! Wajdi erzählt von den Besonderheiten Djerbas, die mit Auslöser dafür waren, dass die Insel Weltkulturerbe wurde.

Eine dieser Besonderheiten ist die Gesellschaft Djerbas. Hier leben Moslems, Christen und Juden friedlich miteinander. „Man ist miteinander befreundet und akzeptiert die Werte und Gebräuche des anderen“, sagt Wajdi. Von unserem Tisch aus sehe ich die Mosquée des Turcs, also die türkische Moschee. Ginge ich ein paar Schritte in Richtung Moschee, könnte ich die Turmspitzen der katholischen Kirche St. Joseph sehen.

Djerba, Tunesien, Houmt Souk, katholische Kirche St. Joseph. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Die katholische Kirche St. Joseph im Zentrum von Houmt Souk

Später bummele ich durch das jüdische Viertel Hara Kebira, in dem sich gleich zwei Synagogen befinden. Auch die älteste erhaltene und bedeutendste Synagoge Nordafrikas, La Ghriba, befindet sich auf Djerba.

Geführte Touren zum UNESCO-Welterbe buchen oder App nutzen

In den App Stores ist die kostenlose App „Djerba Guide“ verfügbar. Sie wird von der Djerba Management Organisation bereitgestellt und versteht sich als praktischer Leitfaden zur Entdeckung der Insel Djerba. Djerba Guide kann auch offline genutzt werden.

Weitere Informationen über Djerba und Touren unter https://www.destination-djerba.com/. Touren wie die Houmt Souk Walk and Talk Urban Tour UNESCO oder eine Streetfood-Tour durch Houmt Souk können per E-Mail unter contact@destinationdjerba.com gebucht werden.

Reiche Geschichte mit multikulturellen Einflüssen

24 religiöse Baudenkmäler, allesamt Welterbe-Stätten, spiegeln eine reiche Geschichte der Insel wider. Berberische, ibaditische, malikitische, christliche und jüdische Einflüsse sind hier deutlich sichtbar. Zu diesen Welterbe-Stätten zählen neben der Synagoge La Ghriba beispielsweise die Moscheen Sidi Jmour und Sidi Yati sowie die griechisch-orthodoxe Kirche St. Nicolas in Houmt Souk.

Sidi Yati, Djerba – die alte Moschee am Meer

Die Moschee Sidi Yati liegt im Süden Djerbas bei Guellala und direkt über dem Meer. Sie gilt als Beispiel traditioneller ibaditischer Architektur und entstand im frühen 10. Jahrhundert. Ich besuche Sidi Yati an einem etwas trüben Vormittag und kann die friedvolle, spirituelle Atmosphäre in Ruhe genießen.

Djerba, Tunesien, Moschee Sidi Yati. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Das Gebäude links ist das Herzstück der historischen Moschee.

Djerba, Tunesien, Moschee Sidi Yati. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Dieses Seitengebäude der Moschee Sidi Yati ist offensichtlich bewohnt.

Djerba, Tunesien, Moschee Sidi Yati. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Noch ist der Hof der Moschee Sidi Yati menschenleer.

Djerba, Tunesien, Moschee Sidi Yati. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Blick aus der historischen Moschee Sidi Yati zum Meer.

Doch lange wird die Stille vermutlich nicht mehr währen. Eine junge Frau kommt aus einem würfelförmigen Bau mit der für Djerba typischen Kuppel auf dem Dach. Sie erwartet eine Pfadfindergruppe, die jeden Moment eintreffen wird, um den magischen Ort zu erkunden.

Djerba, Tunesien, Moschee Sidi Yati. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Freundlicher Empfang im Hof der Moschee.

Extratipp: Sidi Yati soll eine wundervolle Stelle sein, um den Sonnenuntergang zu beobachten.

Sidi Jmour, Djerba – Star Wars Drehort und bester Ort für Sonnenuntergänge

Mein ganz persönlicher Favorit für geradezu mystische Sonnenuntergänge ist allerdings Sidi Jmour. Abseits größerer Orte liegt Sidi Jmour im Westen der Insel. Als Bildvordergrund dient mir hier eine Bucht, in der sich Fischer – völlig unbeeindruckt vom farbigen Schauspiel am Himmel – mit ihren Netzen beschäftigen.

Djerba, Tunesien, Sidi Jmour. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag.

Gerade rechtzeitig zum Sonnenuntergang am Hafen Sidi Jmour.

Djerba, Tunesien, Sidi Jmour. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag.

Abendstimmung am kleinen Fischerhafen von Sidi Jmour.

Daneben thront auf einem mächtigen Felsen die Moschee Sidi Jmour. Dies ist wohl schon seit über 500 Jahren so. Unter dem Namen „Agimar“ wird die Moschee auf Karten aus dem 16. Jahrhundert erwähnt. Der Gebäudekomplex umfasst beispielsweise „Jamaa El Fougani“, die sogenannte Obere Moschee, und „Jamaa El Agwass“, die Moschee der Arkaden. Auch eine Begräbniskapelle mit Kuppel ist vorhanden.

Sidi Jmour ist auch ein Highlight für Star-Wars-Fans. Die fotogene Moschee diente als Kulisse für eine gelöschte Szene aus Episode IV. Luke Skywalker und Biggs Darklighter waren hier in der Tosche-Station in Mos Eisley zu sehen. Zudem wurde das Gebetshaus in der Special Edition für die Szene genutzt, in der Lukes Landgleiter mit Obi-Wan Kenobi und den Droiden auf Mos Eisley zusteuert.

Ich kann bei meinem Besuch nicht genug kriegen von der Stimmung während der blauen Stunde, die hier eher eine rosa-blaue Stunde ist. Auch die Einheimischen wissen um den Zauber des Ortes. An diesem Sonntagabend war ich nicht alleine, als der Ruf des Muezzins über die abgelegene Gegend schallte. Gänsehaut!

Djerba, Tunesien, Sidi Jmour. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag.

Die Moschee Sidi Jmour liegt auf einem Felsen am Meer.

Djerba, Tunesien, Sidi Jmour. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag.

Star Wars Drehort Sidi Jmour

Menzel als UNESCO-Gebiet mit vorstädtischer Besiedlung

Die einzigartige Siedlungsstruktur Djerbas hat ebenfalls maßgeblich dazu beigetragen, dass die Mittelmeerinsel in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen wurde. Um im Laufe der 9.000 Jahre währenden Besiedlung zu bestehen, mussten sich die Bewohner immer wieder gegen unerwünschte Eindringlinge verteidigen. Daneben schufen die Menschen ausgeklügelte Systeme, um die knappen Ressourcen bestmöglich zu nutzen.

So siedelten die Bewohner in verstreuten Vierteln, sogenannten Houma. Diese Viertel sind durch ein weit verzweigtes Wegesystem verbunden, das noch heute sichtbar ist. Die charakteristischen Bauernhöfe auf Djerba werden Menzel genannt. Die Gehöfte bestehen aus vierseitig gruppierten Wohngebäuden, die einen geschützten Innenhof umschließen.

Auf den landwirtschaftlichen Flächen, die den Wohnbereich umgeben, werden beispielsweise Palmen, Oliven- und Obstbäume sowie Gemüse angebaut. Jedes Menzel verfügt über eigene Wasserquellen – Brunnen und Zisternen – und ein ausgeklügeltes System zur Bewässerung der Felder. Noch heute wirken Menzel – zumindest auf mich –wie eine Oase. Die Pflanzen wachsen in der Art eines Waldgartens auf mehreren Ebenen, weshalb die Bewässerung sehr effizient ist.

Djerba, Tunesien, Menzel in Khazroun. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Menzel mit Wohngebäuden in einem Wald aus Palmen und Olivenbäumen

Djerba, Tunesien, Menzel in Khazroun. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Das Wassersammelbecken ist Teil des Bewässerungssystems.

Besucher, die einen authentischen Einblick in diese traditionelle Lebensweise erhalten möchten, finden im Erlebnispark Djerba Explore eine gute Gelegenheit. Im Bereich „Djerba Heritage“ des Parks wurde ein Menzel originalgetreu nachgebildet. Hier können Gäste die Architektur, landwirtschaftliche Arbeitsweise und den Alltag der Bewohner hautnah erleben.

Extratipp: Im neuen Infozentrum der Djerba Management Organisation sind viele Informationen erhältlich, zum Beispiel Bücher, die Lust machen, Djerba zu erkunden, und ein Kochbuch mit authentischen Rezepten von der Insel Djerba.

Adresse:
Quartier Maltais, Avenue Taieb Mhiri, Houmt Souk, Tunesien

Alle Fotos in diesem Beitrag: Beate Ziehres

Mehr lesen:

Vielen Dank an das Tunesische Fremdenverkehrsamt in Frankfurt für die Einladung und die Organisation der Reise nach Djerba sowie an die Djerba Management Organisation für die Gespräche, Informationen und die aufschlussreichen Touren.

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Seychellen – Inselhopping zu den schönsten Stränden https://www.reiselust-mag.de/seychellen/ Thu, 12 Dec 2024 16:28:50 +0000 https://www.reiselust-mag.de/?p=6398 Traumhaft schöne Strände, sanfte Riesenschildkröten und die größten Kokosnüsse der Welt – Lena und Basti waren zum Inselhopping auf den Seychellen und haben auf teils abenteuerlichen Pfaden den ostafrikanischen Archipel entdeckt.

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„Welcome to Paradise!“ – mit diesem Satz werden wir auf den Seychellen begrüßt. Und tatsächlich wähnt man sich an den zahlreichen Stränden der Inselgruppe im Indischen Ozean im Himmel auf Erden. Feinster, weißer Sand und Palmen an von Granitfelsen eingerahmten Buchten – das perfekte Postkartenidyll! Doch neben den traumhaften Stränden und der bunten Unterwasserwelt halten die Seychellen viele weitere Höhepunkte und auch manch ungeahnte Überraschung für Besucher bereit.

Inselhopping auf den Seychellen – lohnt es sich?

Wer eine Reise auf die Seychellen plant, steht häufig vor dieser Frage. Die Inselhopping-Angebote sind meist sowohl preis- als auch zeitintensiver. Und dann beginnt das Grübeln… Brauche ich das für mein perfektes Seychellen-Erlebnis? Meine Antwort auf diese Frage ist ein klares „Ja!“.

Die Republik Seychellen setzt sich aus 115 Inseln zusammen – 42 Granit- und 73 Koralleninseln. Der gesamte Inselstaat verteilt sich auf einer Seefläche von 431.000 Quadratkilometern vor der ostafrikanischen Küste. Zum Vergleich: Deutschland verfügt über eine Landesfläche von 358.000 Quadratkilometern.

Seychellen aus dem Flugzeugfenster. Foto: Lena Ziehres

Erster Eindruck von den Seychellen aus dem Flugzeugfenster. Foto: Lena Ziehres

Die Inseln werden in zwei Archipels unterteilt: die Inner und die Outer Islands. Die Outer Islands liegen außerhalb der Seychelles Bank und sind primär unbewohnte Koralleninseln. Der touristische Hauptfokus liegt dementsprechend auf den Inneren Granitinseln. Zu ihnen zählen auch die drei Hauptinseln Mahé, Praslin und La Digue. Nur eine dieser drei Inseln zu besuchen, wäre wahrlich ein Frevel! Denn sie haben alle ihre eigenen Besonderheiten, ein einzigartiges Ambiente sowie einmalige Sehenswürdigkeiten. Meine persönlichen Favoriten: Praslin und La Digue! Und eben diese beiden möchte ich euch näher vorstellen. Die beiden kleinen Inseln Curieuse und St. Pierre will ich euch ebenfalls nicht vorenthalten. Ihr werdet sehen, warum ich sie erwähne.

Praslin – Strände, Regenwald und Coco de Mer

Praslin ist die zweitgrößte Insel der Seychellen. Etwa 50 km Ozean trennt das faszinierende, 38 km2 große Eiland von der Hauptinsel Mahé. Und natürlich liegt die größte Anziehungskraft der Insel in Buchten, wie man sie sich kaum schöner erträumen könnte!

Anse Lanzio: Praslins bekannteste Bucht

Weithin als einer der schönsten Strände bekannt ist die Anse Lazio. Der Strand wird durch imposante Granitfelsen in kleine Buchten unterteilt – und eine ist schöner als die nächste. Wir haben uns zu Fuß vom Mont Plaisir aus dem Anse Lazio genähert, während die meisten Besucher über die Straße von Anse Boudin anreisen. Der Vorteil des eher unbekannten Fußwegs: man gelangt erst in zwei nahezu menschenleere, traumhaft schöne kleinere Buchten vor der Hauptbucht.

Seychellen, Praslin, Anse_Lazio. Foto: Lena Ziehres

Anse Lazio auf Praslin. Foto: Lena Ziehres

Der erste Anblick könnte ebenso gut einer Postkarte entsprungen sein! Wir suchen uns also direkt ein von Takamaka-Bäumen beschattetes Plätzchen, gehen Schnorcheln und genießen die Idylle…

Strand meiner Träume: die Anse Georgette

Doch allzu viel Zeit wollte unser lokaler Guide, der uns zur Anse Lazio geführt hat, hier nicht verbringen. Denn seiner Meinung nach ist eine andere Bucht um Längen schöner: die Anse Georgette. Auf einer etwa 2-stündigen Wanderung führt er uns durch Palmenwälder entlang Praslins Nordküste.

Seychellen, Praslin. Wanderung zur Anse Georgette. Foto: Lena Ziehres

Wanderung zur Anse Georgette. Foto: Lena Ziehres

Seychellen, Praslin. Foto: Lena Ziehres

Saftig-grüne Wildnis auf Praslin. Foto: Lena Ziehres

Ein kleines Abenteuer, denn es geht bergab und bergauf, über Wurzeln und Steine auf schmalen, überwachsenen Pfaden. Aber unbedingt lohnenswert! Wir sehen wilde Vanillepflanzen und Zimtbäume, an einem Baum lassen sich sogar die nachtaktiven Flughunde erkennen. Am höchsten Punkt des Weges angelangt, eröffnet sich ein grandioses Panorama über die Küste.

Mit dieser Aussicht endet gleichzeitig der schattenspendende Palmenwald, der steinige Pfad führt nun steil bergab durch die pralle Mittagssonne. Eine Kopfbedeckung, ausreichend Wasser und festes Schuhwerk sind auf dieser Wanderung unabdingbar! Es sei denn man ist erfahrener Barfußgänger, wie unser Guide. Dieser ist ernsthaft beeindruckt, dass Basti – mein Freund und Reisebegleiter – den gesamten Weg ebenfalls ohne Schuhe zurücklegt. Ich jedenfalls brauche jegliche Konzentration, um mit Turnschuhen auf den lockeren Steinen bergab nicht wegzurutschen. Dabei noch in die nackte Fußsohle gepikst zu werden – unvorstellbar.

Seychellen, Praslin, Anse Georgette. Foto: Lena Ziehres

Verheißungsvoller Blick von oben auf die Anse Georgette. Foto: Lena Ziehres

Doch das Ende ist in Sicht – unter uns liegt die Anse Georgette! Die Bucht wird umgeben von einem Golfresort und ist nur über zwei Wege zu erreichen. Entweder über unseren abenteuerlichen Pfad, für dessen Bewanderung ich unbedingt einen lokalen Guide empfehle, oder nach vorheriger Anmeldung über den Golfplatz.

Doch unsere Mühen werden reich belohnt: nach dem letzten Abstieg eröffnet sich der Blick auf einen nahezu schneeweißen Sand und türkisblaue Wellen, die sanft auf den Strand rollen.

Seychellen, Praslin, Anse Georgette, Lena Ziehres. Foto: Sebastian Lingk

Mein Lieblingsstrand auf den Seychellen: Anse Georgette. Foto: Sebastian Lingk

Unter einem Takamaka-Baum haben zwei Einheimische einen Stand mit tropischen Früchten und erfrischenden Kokosnüssen aufgebaut. Noch nie habe ich eine Kokosnuss so genossen wie nach diesem Fußmarsch und bei einem solch traumhaften Ausblick. Und ich stimme unserem Guide zu: die Anse Georgette ist meiner Meinung nach der schönste Strand auf Praslin!

Seychellen, Praslin, Anse Georgette, Fruchtstand. Foto: Lena Ziehres

Einladung zu einem frischen Snack an der Anse Georgette. Foto: Lena Ziehres

Frucht der Versuchung und Superlative: die Coco de Mer

Während Traumstrände auf allen Seychellen-Inseln zu finden sind, hat Praslin ein vollkommen einzigartiges Wahrzeichen: die Coco de Mer! Diese Kokosnuss wächst an der ausschließlich auf Praslin und der kleinen Nachbarinsel Curieuse vorkommenden Seychellen-Palme – in vielerlei Hinsicht eine Pflanze der Superlative.

Ihre Frucht ist die größte Nuss der Welt, darin befindet sich der größte Samen der Welt. Auch der männliche Blütenstand ist der größte im gesamten Pflanzenreich. Dazu wird die Palme bis zu 800 Jahre alt und ihre Kokosnüsse erzielten zur Kolonialzeit in Europa Höchstpreise! Denn schon vor Entdeckung ihres Herkunftsortes galt die hin und wieder in Indien, Südafrika oder den Malediven angeschwemmte Nuss aufgrund ihrer Form als Symbol der Fruchtbarkeit. Und da keiner wusste, wo sie herkam, verbreitete sich der Mythos, sie würde im Meer wachsen – daher der Name Coco de Mer.

Seychellen, Praslin, Fond Ferdinand, Coco de Mer. Foto: Lena_Ziehres

Beeindruckende Coco de Mer im Fond Ferdinand, Praslin. Foto: Lena Ziehres

Als europäische Seefahrer dann riesige Wälder voll Seychellen-Palmen fanden, verortete ein britischer General den biblischen Garten Eden auf Praslin und benannte die endemische Palme als den Baum der Versuchung, der Eva und Adam verführt haben soll. So oder so: Der Besuch im Garten Eden der Coco de Mer gehört unbedingt zu einer Reise auf die Seychellen dazu!

Seychellen, Praslin, Fond Ferdinand. Coco de Mer. Foto: Lena_Ziehres

Coco de Mer. Foto: Lena Ziehres

Die Seychellen-Palme kommt auf Praslin in zwei Gebieten vor: im von der UNESCO als Naturerbe anerkannten Vallée de Mai und im Naturreservat Fond Ferdinand. Die meisten Gäste würden ins bekanntere Vallée de Mai fahren, erklärte uns eine Hotelmitarbeiterin. Die Coco de Mer könne man im Fond Ferdinand jedoch genauso gut sehen, zudem wäre der Eintritt dort günstiger, eine Führung sogar inklusive, die Artenvielfalt größer und es gäbe zudem einen schönen Aussichtspunkt über die Insel.

Da mussten wir nicht mehr lange überlegen – per Bus ging es auf zur Anse Marie-Louise im Süden von Praslin. Der einheimische Guide war zwar nicht der gesprächigste, doch die Wanderung durch den Palmenwald, der Anblick der riesigen Kokosnuss in ihrem natürlichen Umfeld und der sagenhafte Ausblick vom höchsten Punkt des Reservats waren fantastisch! Ein lohnenswerter, kleiner Geheimtipp, das Fond Ferdinand.

Seychellen, Praslin, Fond Ferdinand. Foto: Sebastian Lingk

Ausblick vom Fond Ferdinand auf die Insel Praslin. Foto: Sebastian Lingk

Curieuse und St. Pierre – Riesenschildkröten, schnorcheln und ein BBQ

Meine letzten beiden Praslin-Highlights befinden sich zwar nicht direkt auf Praslin, vorenthalten möchte ich sie euch trotzdem nicht. Die Insel Curieuse liegt etwa 1 km von Praslin entfernt und ist bekannt für ihre tierischen Bewohner: Riesenschildkröten. Über 200 Exemplare leben frei auf dem Eiland! Die meisten sind jedoch an einer Schildkrötenaufzuchtstation an der Bucht von Laraie anzutreffen.

Hier landet unser Tagesausflugsboot an und schon vom Strand sehe ich die ersten gewaltigen Aldabra-Schildkröten. Während einige neugierig auf die Besucher zukommen – und es zu meiner Überraschung unglaublich genießen am Hals gekrault zu werden – schätzen andere ihre Ruhe abseits des Trubels.

Seychellen, Curieuse, Riesenschildkröte. Foto: Sebastian Lingk

Nicht gerade klein, die Schildkröte. Foto: Sebastian Lingk

Seychellen, Curieuse, Riesenschildkröte. Foto: Lena Ziehres

Riesenschildkröten bewohnen die Insel Curieuse. Foto: Lena Ziehres

Doch mit dieser tierischen Begegnung endet das Curieuse-Naturerlebnis noch nicht! Von der Laraie-Bucht wandern wir zunächst über Holzwege durch einen Mangrovenwald, an dessen Wurzeln sich Krabben in allen Größen und Formen sehen lassen. Dann geht’s durch die üppig-grüne Vegetation über eine Anhöhe zum Anse José. Hier bereitet unser Bootskapitän – zusammen mit einigen anderen Tagesausflugsbootskapitänen – ein leckeres BBQ zu.

Seychellen, Curieuse. Foto: Lena Ziehres

Unterwegs auf Holzpfaden auf Curieuse. Foto: Lena Ziehres

Einen Regenschauer später wartet dann ein Schnorchel-Stopp vor der kleinen Granitinsel St. Pierre. Im herrlich klaren Wasser vor den zahlreichen Felsen tummeln sich verschiedenste Fische – manche in ganzen Schwärmen, andere allein. Ein großartiger Ort zum Schnorcheln und ein fantastischer Tagesausklang!

Seychellen, St. Pierre. Foto: Lena Ziehres

St. Pierre ist ein Paradies für Schnorchler. Foto: Lena Ziehres

La Digue – per Fahrrad durchs Paradies

Die kleinste der drei bewohnten Hauptinseln der Seychellen ist La Digue. Etwa 3.000 Menschen leben auf dem gerade einmal 10 Quadratkilometer großen Eiland. Die Einwohner lassen sich am besten so beschreiben: absolut entspannt!

Auf La Digue scheinen die Uhren langsamer zu ticken, alles geht gemütlicher von statten. Taxen, Lieferwagen, Polizei und Feuerwehr haben die einzigen motorisierten Fahrzeuge auf der Insel. Und so bewegen sich auch die Einheimischen zu Fuß und per Fahrrad von A nach B. Für Besucher gibt es überall Fahrräder zum Ausleihen. Ich bin mir sicher: Das ist einer der Hauptgründe für das relaxte Ambiente, dass sich ideal zur Erholung und Entschleunigung eignet.

Seychellen, La Digue, L'Union Estate, Radtour. Foto: Lena Ziehres

Unterwegs mit dem Rad auf La Digue, L’Union Estate. Foto: Lena Ziehres

Zu entdecken gibt es dennoch Einiges. Gerne wären wir sogar länger geblieben und hätten noch mehr gesehen – z.B. die Anse Patates im Norden der Insel. Aber selbst im Paradies auf Erden kann man manchmal einfach nicht alles haben…

Erreicht haben wir La Digue per Fähre von Praslin aus, die Fahrt dauert etwa 30 Minuten. Eigentlich reicht schon der Anblick des beschaulichen Hafenbeckens, um sich in die Insel zu verlieben! Kaum in unserer Unterkunft angekommen, leihen wir uns also Fahrräder und radeln los.

L’Union Estate und die weltberühmte Anse Source d’Argent

Die Hauptsehenswürdigkeit La Digues ist der Strand Anse Source d’Argent. Er gilt als einer der schönsten und meistfotografierten Strände auf der ganzen Welt und ist das Sinnbild eines Seychellen-Strandes: unzählige kleine Sandbuchten an türkisblauem Wasser, die von imposanten Granitfelsen durchtrennt sind.

Seychellen, La Digue, Anse Source D'Argent. Foto: Lena Ziehres

La Digue, Anse Source D’Argent. Foto: Lena Ziehres

Um hierhin zu kommen, muss man jedoch das L’Union Estate durchqueren. Auf dem Gelände befand sich einst eine weitläufige Kokos- und Vanilleplantage. Heute ist es eine Art Freiluftmuseum mit dem kolonialen Plantation House, einer traditionellen Kopra-Mühle, einem Friedhof sowie einem kleinen Pflanzen-Lehrpfad.

Am Eingang ist eine Eintrittsgebühr von rund 150 SCR zu entrichten, dann darf man über das Gelände radeln. Das letzte Stück des Weges führt vorbei an unzähligen Vanillepflanzen, die seit jeher per Hand bestäubt werden. Die Insekten, die dies in anderen Ländern übernehmen, gibt es auf den Seychellen nämlich nicht.

Seychellen, La Digue, L'Union Estate. Foto: Lena Ziehres

Angekommen im L’Union Estate auf La Digue. Foto: Lena Ziehres

Die Stelle, wo man das Fahrrad zurücklässt, um weiter zur Anse Source d’Argent zu laufen, finden wir ganz leicht: anhand der unfassbar vielen anderen Räder! Es lohnt sich, sich nicht direkt in einer der ersten Buchten niederzulassen. Diese scheinen gar kein Ende zu nehmen, doch je weiter wir gehen, umso leerer wird es.

Letztendlich suchen wir uns an einer traumhaft schönen Bilderbuch-Bucht ein Plätzchen. Zunächst sind wir noch alleine, bekommen später jedoch kostenfreies Entertainment: ein Drohnen-Fotograf, der nacheinander mit drei Influencerinnen Shootings im durchsichtigen Kajak macht. Wer auf der Suche nach dem perfekten Urlaubsfoto ist, findet hier mit Sicherheit ein passendes Angebot!

Seychellen, La Digue, Anse Source D'Argent. Foto: Lena Ziehres

La Digue, Anse Source D’Argent. Foto: Lena Ziehres

Küstenwanderung von der Grand Anse zur Anse Cocos

Weitaus weniger besucht sind die wunderschönen Buchten Grand Anse, Petite Anse und Anse Cocos. Die drei langen feinsandigen Strände erstrecken sich entlang der Südostküste La Digues – wie eine kleine Perlenkette, eine nach der anderen.

Ihre Besonderheit: An dieser Stelle der Insel gibt es kein vorgelagertes Riff. Und so treffen die Wellen des Indischen Ozeans mit voller Kraft auf Land und bieten ein fantastisches Spektakel. Schwimmen sollte man hier jedoch nicht, da es obendrein gefährliche Strömungen gibt!

Seychellen, La Digue, Grande Anse. Foto: Lena Ziehres

Bilderbuchstrand Grande Anse auf La Digue. Foto: Lena Ziehres

Bis zu Grand Anse – der größten der drei Buchten – kommt man mit dem Fahrrad. Über einen Pfad geht es erst am Strand entlang, einen Abstecher zum Strand inklusive, und dann hinauf: über Steine in die tropische Vegetation und rüber zu Petite Anse. Immer wieder hört man im Dschungel das Rauschen der Wellen und die Vorfreude auf die nächste Aussicht steigt!

Seychellen, La Digue, Petite Anse. Foto: Sebastian Lingk

Wer hat die Kokosnuss …? Die Zeit genießen auf La Digue am Strand Petite Anse. Foto: Sebastian Lingk

Seychellen, La Digue, Petite Anse, Kokosnuss. Foto: Lena Ziehres

Da ist die Kokosnuss! Foto: Lena Ziehres

An der Petite Anse genehmigen wir uns eine zugegebenermaßen recht überteuerte Kokosnuss und wandern dann gemütlich weiter über die nächste Anhöhe zur Anse Cocos. Und wieder einmal finde ich meinen absoluten Strand-Favoriten der Insel im Underdog! Ein kleines Juwel, das den meisten Reisenden verborgen bleibt. Umso mehr genießen wir die Zeit am Strand und bei einer kleinen Abkühlung in den Schaumkronen des knietiefen Wassers.

Seychellen, La Digue, Anse Cocos. Foto: Sebastian Lingk

Relaxen im Schatten einer Palme an der Anse Cocos, La Digue. Foto: Sebastian Lingk

Wichtige Infos für einen Seychellen-Urlaub – das solltet ihr wissen

Die beste Reisezeit

Auf den Seychellen herrscht ganzjährig tropisches Klima und im Grunde kann man das ganze Jahr über sehr gut dorthin reisen. Zwischen Dezember und März, zur Zeit des Nordwest-Monsuns, kommt es zu den meisten Regenschauern. Diese sind meist stark und kurz.

Die Trockenzeit ist von Mai bis Oktober während des Südost-Monsuns. Häufig wird dieser Zeitraum als beste Reisezeit empfohlen, allerdings sollte man bedenken, dass es oft windig ist. Der Wind wühlt das Meer auf und sorgt so für schlechtere Sicht beim Schnorcheln.

April und November sind die Übergangs- und zudem die heißesten Monate auf den Seychellen mit durchschnittlichen Temperaturen um die 30°C bei hoher Luftfeuchtigkeit.

Wir waren im November dort.

Seychellen, Praslin, Anse Kerlan, Castello Beach Hotel, Sonnenuntergang. Foto: Lena Ziehres

Sonnenuntergang beim Castello Beach Hotel auf Praslin. Foto: Lena Ziehres

Anreise auf die Seychellen

Von Deutschland aus werden Direktflüge mit Condor von Frankfurt auf die Hauptinsel Mahé (SEZ) angeboten. Flugverbindungen mit Zwischenstopp gibt es von diversen deutschen Flughäfen mit Etihad Airways, Emirates, Ethiopian Airlines, Turkish Airlines sowie Qatar Airways. Zwischen den drei Hauptinseln verkehren Kleinflugzeuge und Fähren.

Wir sind mit Emirates ab Hamburg über Dubai auf die Seychellen geflogen und haben vor Ort die Fähre von Mahé nach Praslin (etwa 1 Stunde Fahrzeit), von Praslin nach La Digue (rund 30 Minuten Fahrzeit) und von La Digue zurück nach Mahé genommen (etwa 1,5 Stunden Fahrzeit).

Einreise

Deutsche Staatsbürger benötigen einen gültigen Reisepass und müssen vor Ankunft eine digitale Einreisegenehmigung beantragen. Offizielle und aktuelle Angaben stellt das Auswärtige Amt zur Verfügung.

Währung auf den Seychellen

Zahlungsmittel ist die Seychellen-Rupie (SCR); 1 EUR = 16,07 SCR

Wir haben vor Ort am Geldautomaten mit der Kreditkarte Seychellen-Rupien abgehoben. Mehrfach, da wir doch öfter als geahnt für Ausflüge und Essen Bargeld benötigten.

Verkehrsmittel auf den Seychellen

Auf La Digue Fahrrad oder Taxi. Auf Praslin und Mahé gibt es Taxen, aber auch öffentliche Busse. Der Bus ist eine preiswerte Möglichkeit, um die Inseln zu erkunden. Eine Fahrt kostet 12 SCR, unabhängig von der Strecke. Die Tickets gibt’s in ausgewählten Kiosken, nicht aber beim Busfahrer.

Wir haben uns auf Praslin im ortsansässigen indischen Kiosk ein 5-Tagesticket gekauft. Solange man etwas Geduld und einen Funken Abenteuerlust mitbringt, funktioniert der ÖPNV super!

Auf keinen Fall vergessen: Ausreichend Sonnenschutz!

Seychellen, Praslin, Anse Kerlan, Castello Beach Hotel, Sonnenuntergang. Foto: Lena Ziehres

Und noch ein Sonnenuntergang an der Anse Kerlan. Foto: Lena Ziehres

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Rom, der Vatikan und die Malteser: Skurriles aus der Ewigen Stadt https://www.reiselust-mag.de/rom-vatikan-malteser/ Sun, 17 Nov 2024 22:05:39 +0000 https://www.reiselust-mag.de/?p=6368 Die beiden Rom-Kennerinnen Marie Fröhlich und Sonja Warter haben in der Ewigen Stadt Rom und dem Staat in der Stadt, dem Vatikan, viel Verwunderliches entdeckt. Davon berichten sie hier auf Reiselust-Mag und in ihrem Buch "Schmankerln aus Rom.

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Wusstet ihr, dass in Rom 3 Staaten friedlich nebeneinander existieren? Rom gehört zu Italien – soweit ist die Sache klar. Und dass sich im Herzen der Ewigen Stadt der Vatikan – also ein eigener Staat – befindet, weiß auch jedes Kind. Aber welchen dritten Staat gibt es da noch? Schon mal vom Souveränen Militärorden Malta (SMOM) gehört? Streng genommen ist er zwar nur fast ein eigener Staat, da er über kein eigenes Territorium verfügt. Trotzdem wird er von vielen Ländern als souveräne Entität anerkannt. Interessanterweise befindet sich der Hauptsitz des Malteser-Ordens eben nicht, wie der Name vermuten ließe, auf der Insel Malta, sondern in der italienischen Hauptstadt. Dies ist nur eine von vielen erstaunlichen Geschichten aus Rom.

Auf Besuch bei der Ministerpräsidentin

Aber alles der Reihe nach. Der Regierungssitz Italiens sowie der Amtssitz des Ministerpräsidenten ist der Palazzo Chigi, der direkt an der großen Einkaufsstraße Via del Corso liegt. Früher ging hier der exzentrische Premier Silvio Berlusconi ein und aus, heute die erste Ministerpräsidentin des Landes, Giorgia Meloni. Dennoch ist es vorläufig der Amtssitz des Ministerpräsidenten, denn auch Meloni besteht darauf, als „il presidente del consiglio“ angesprochen zu werden, also als „der Ministerpräsident“. Den prächtigen Palazzo kannst du übrigens besichtigen, nach vorhergehender Anmeldung und gründlichen Sicherheitskontrollen.

Heiraten in Rom

Weniger bürokratisch, dafür umso romantischer geht es am Kapitolhügel zu. Er ist 15 Minuten zu Fuß entfernt und liegt gleich neben der Piazza Venezia. Dort befindet sich der Senatorenpalast und in diesem der Sitz der römischen Stadtregierung. Außerdem wird in besagtem Senatorenpalast geheiratet, was das Zeug hält. Egal ob Römer oder Chinesen, in der prächtigen Sala Rossa werden Hochzeitsträume wahr.

Heiraten in Rom im Senatorenpalast. Foto: Sonja Warter/Marie Fröhlich

Im Senatorenpalast auf dem Kapitolhügel, dem heutigen Rathaus Roms, wird gerne geheiratet.

Und damit auch die Eheträume der Römerinnen und Römer nicht den Bach hinuntergingen, haben sie sich früher streng an einen ganz besonderen Brauch gehalten: Unmittelbar nach der Trauung musste jedes frisch vermählte Paar die Marc-Aurel-Statue im Zentrum des sternförmig angelegten Platzes vor dem Rathaus umrunden. Und zwar ganze siebenmal. Das Problem: Der goldene Marc Aurel musste 1990 witterungsbedingt seinen Platz räumen und ins Museum umziehen. Zwar wurde er durch eine ebenso schöne Kopie ersetzt, doch um diese wollte offenbar kein Hochzeitspaar mehr seine Runden drehen. Ein Zusammenhang mit der gestiegenen Scheidungsrate in der Stadt kann nicht ausgeschlossen werden … (Dies ist übrigens die Kurzfassung einer von 101 witzigen und erstaunlichen Geschichten aus unserem Buch „Schmankerl aus Rom“.)

Marc-Aurel-Statue auf dem Kapitolhügel, Rom. Sonja Warter/Marie Fröhlich

Marc-Aurel-Statue auf dem Kapitolhügel.

Der Vatikan: eine Monarchie mitten in Rom

Mit dem Heiraten wird es im Vatikan wohl eher selten etwas, außer für die Schweizergarde und da erst frühestens ab dem Alter von 25 und nach 5 Dienstjahren. Zu diesem Zweck kommt man aber ohnehin nicht hierher, sondern wohl eher wegen des einzigartigen Ambientes und der Kunstschätze.

Wenn du die Grenze zwischen Rom (also Italien) und dem Vatikan am Petersplatz überschreitest, verlässt du übrigens auch die Demokratie und betrittst mit dem „Staat der Vatikanstadt“ eine Wahlmonarchie. Und zwar eine mit ganz vielen Besonder- und Eigenheiten: Der Vatikan ist zwar ein Staat, allerdings einer, dessen Staatsbürgerschaft man nicht dauerhaft erwerben kann. Sie wird nämlich ausschließlich an Personen verliehen, die im Dienst des Vatikans stehen und nach der Dienstzeit wieder entzogen.

Streng genommen verlässt du sogar die EU, wenn du auf dem Petersplatz dem Papst zujubelst. Es gibt eigene Vatikan-Münzen und die Geldauswahl am Bankomat kannst du, wenn gewünscht, auf Lateinisch treffen. Wichtig: Die Postkarten mit den Briefmarken aus dem Kleinstaat gehören in den gelben vatikanischen Briefkasten und nicht in den roten römischen, wenn sie bei den Lieben zu Hause tatsächlich ankommen sollen.

Briefkasten Vatikan Post. Foto: Sonja Warter/Marie Fröhlich

Briefkasten der Vatikan-Post.

Das Gedränge am Petersplatz ist meistens groß, die Schlange vor der Sicherheitskontrolle am Petersdom lang. Außer du kommst, so wie wir, am Abend hierher, dann, wenn es bereits dunkel ist. Da hat der Petersdom zwar schon geschlossen, aber die grandiose Atmosphäre kannst du fast allein genießen. Glaub uns, der Anblick ist überwältigend!

Petersplatz Rom. Foto: Sonja Warter/Marie Fröhlich

Schaulustige auf dem Petersplatz im Vatikan.

Vatikan bei Nacht. Foto: Sonja Warter/Marie Fröhlich

Leere Stuhlreihen im nächtlichen Vatikan.

Der Vatikan – verstreut in der Ewigen Stadt

Wusstest du, dass zum Vatikan nicht nur das Gebiet hinter den Mauern auf dem Vatikanhügel gehört? Nein, es gibt auch extraterritoriale Gebiete, und zwar mitten in der Stadt und auf dem Land. Mit Letzterem ist unter anderem Castel Gandolfo gemeint, der Ort, in dem die Sommerresidenz der Päpste liegt. Sie ist definitiv einen Besuch wert und kann, seit Papst Franziskus als erster Papst seine Sommer in Rom verbringt, besichtigt werden. Inklusive des päpstlichen Schlafzimmers.

Castel Gandolfo, Papstschlafzimmer. Foto: Sonja Warter/Marie Fröhlich

Päpstliches Schlafzimmer in Castel Gandolfo.

Zu den extraterritorialen Gebieten des Vatikans in Rom gehören die Basiliken San Giovanni in Laterano, Santa Maria Maggiore und Sankt Paul vor den Mauern. Sie alle werden nächstes Jahr, das bekanntlich ein heiliges ist, regen Pilgerzustrom haben.

Sankt Paul vor den Mauern Rom. Foto: Sonja Warter/Marie Fröhlich Innenraum Sankt Paul vor den Mauern Rom. Foto: Sonja Warter/Marie Fröhlich

Der Kotstuhl im Lateran-Palast

Möglicherweise wirst du, solltest du dich im Heiligen Jahr mit Millionen von Pilgern nach Rom wagen, auch den Kotstuhl, den „sedes stercorata“, im zur Basilika gehörenden Lateran-Palast besichtigen können. Okay, vermutlich nur die Kopie, wenn man der Wissenschaft glaubt. Das Original dürfte sich im Pariser Louvre befinden, da Napoleon einen solchen Stuhl aus Marmor – im Glauben, es handle sich um einen Kaiserthron – als Beute mitgenommen hat. Ein weiteren derartigen Stuhl gibt es übrigens in den Vatikanischen Museen. Doch was ist daran so interessant?

Eine Legende besagt, dass ab dem 12. Jahrhundert alle Päpste im Zuge ihrer Inthronisierung in der Lateran-Basilika auf diesem Stuhl mit dem Loch in der Sitzfläche Platz nehmen mussten. Dann sei es angeblich von unten zu einer händischen Inspektion der empfindlichsten Teile des neuen Heiligen Vaters gekommen. Schließlich wollte man sicherzugehen, dass der Papst ein Mann und keine Frau sei. Sobald dies geklärt war, erschallte der Ruf: „Duos habet“ – zwei Stück vorhanden. „Et bene pendentes“ – wohlhängend noch dazu.

Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Die Geschichte ist nicht wahr. Sie wurde irgendwann erfunden und weitererzählt.

Der Stuhl wurde allerdings tatsächlich – mehr oder weniger freiwillig – von den frisch gekürten Päpsten verwendet. Das Ziel: den neuen Päpsten Demut beizubringen. Indem sich das Kirchenoberhaupt auf diesen Stuhl setzte, sollte ihm bewusst gemacht werden, dass er sterblich war und irgendwann verwesen, also zu stinkendem Kot werden würde.

Die Papst-Mosaiken in der Basilika Sankt Paul vor den Mauern

Apropos Tod der Päpste. Auch dazu gibt es eine Legende. Sie betrifft die etwas vom Stadtzentrum entfernt liegende Basilika Sankt Paul vor den Mauern, die ebenfalls zum Vatikan gehört. Für uns ist das auf der Ausfahrtsstraße nach Ostiense errichtete Gotteshaus mit der goldenen Kassettendecke außerdem eine der schönsten und stimmungsvollsten Kirchen Roms. Sie zieht einen richtiggehend in Bann, ein Besuch lohnt sich also schon allein deswegen.

Papst-Mosaiken Sankt Paul vor den Mauern Rom. Foto: Sonja Warter/Marie Fröhlich

Das vorerst letzte Mosaik in der Reihe aller Päpste zeigt Papst Franziskus. Daneben sind noch freie Plätze zu sehen.

Spannendes Detail: Über den Säulen des ganzen Innenraums befinden sich Mosaikporträts aller bisherigen Päpste, von Petrus bis Franziskus. Und genau hier hat die nächste Legende ihren Ausgang. Es heißt, dass das Ende der Welt dann kommen wird, wenn kein Papst-Medaillon dort mehr Platz finden kann. Für Papst Johannes Paul II., der zu seiner Amtszeit eine der letzten freien Stellen ergattert hatte, war dieses Risiko eindeutig zu groß. Und so wurden auf seinen Wunsch hin weitere Porträt-Stellen geschaffen, sodass es Stand heute noch 26 davon gibt. Die Welt ist also – vorläufig – gerettet.

Der Hauptsitz des Malteserordens: gleich neben Buffalo Bill

Aber genug vom Vatikan: Reden wir über den Fast-Staat SMOM, den maltesischen Militärorden. Der hat seinen Sitz im Palazzo Magistrale in der Via dei Condotti 68, unweit der Spanischen Treppe, die übrigens in Wirklichkeit „Scalinata di Trinità dei Monti“ heißt.

Auf dem Weg von der berühmten Treppe zum Palazzo di Malta, wie das Gebäude auch genannt wird, kommst du an einem besonderen Café vorbei: dem Antico Caffè Greco. Es handelt sich dabei um das zweitälteste Café Italiens, das früher der Treffpunkt von Adel, Intellektuellen und Künstlern war. Von Audrey Hepburn bis Prinzessin Diana waren alle da. Und davor noch ein Gast, der nicht ganz hierher passt: 1890 kam Frederick Cody, alias Buffalo Bill, mit einer Gruppe Cowboys im Antico Greco auf einen Kaffee vorbei. Eine Büste von ihm kannst du bis heute besichtigen. Und dabei einen Espresso trinken, der trotz der illustren Gäste nicht nur gut schmeckt, sondern obendrein recht günstig ist.

Antico Caffé Greco in Rom. Foto: Sonja Warter/Marie Fröhlich

Antico Caffé Greco in Rom.

Büste von Buffalo Bill in Antico Caffé Greco, Rom. Foto: Sonja Warter/Marie Fröhlich

Die Büste dokumentiert den Besuch von Buffalo Bill im Antico Caffé Greco in Rom.

Zurück zum Malteser-Orden. Der widmet sich vor allem der medizinischen, sozialen und humanitären Arbeit. Der Palazzo Magistrale in Rom ist der Sitz des Großmeisters sowie der Regierung des Ordens und hat vom italienischen Staat extraterritoriale Rechte verliehen bekommen. Ähnlich wie der Vatikan unterhält er diplomatische Beziehungen zu mehr als 100 Staaten und zur Europäischen Union. Sogar bei den Vereinten Nationen hat er einen Beobachterstatus.

Vor dem Palazzo Magistrale weht die Fahne des Ritterordens mit dem bekannten weißen lateinischen Kreuz auf rotem Grund. Ist der Großmeister im Haus, wird seine persönliche Fahne noch zusätzlich gehisst. Selbstredend haben auch die Autos der Würdenträger ein eigenes Kennzeichen: SMOM. Vom Eingangstor aus kannst du einen Blick auf die im Hof parkenden Ordenslimousinen erspähen.

Blick in den Hof des Palazzo Magistrale. Foto: Sonja Warter/Marie Fröhlich Sitz der Malteser im Palazzo Magistrale. Foto: Sonja Warter/Marie Fröhlich

Noch ein interessantes Detail gibt es: Obwohl es sich um einen männlich dominierten Orden handelt, dürfen – anders als beim Vatikan – Frauen bei der Wahl des neuen Chefs, also des Großmeisters, mitstimmen. Geradezu fortschrittlich, oder?

Ein Blick durchs Schlüsselloch auf dem Aventin

Neben dem Palazzo in der Innenstadt besitzt der Malteser-Orden auch die Villa del Priorato di Malta auf dem Aventin-Hügel, in der sich beachtliche Kunstschätze befinden. Doch für Rom-Fans ist das prächtige Gebäude an der Piazza dei Cavalieri di Malta aus einem anderen Grund interessant: Wenn du einen Blick durch das Schlüsselloch des großen grünen Eingangstores wirfst, dann erwartet dich ein ganz besondere Überraschung. Vor dir taucht die Kuppel des Petersdoms auf, ganz so, als würdest du durch ein Fernglas sehen. Sie erscheint plötzlich ganz nah und wird noch dazu links und rechts von der grünen Hecke, die tatsächlich unmittelbar hinter dem Schlüsselloch liegt, gesäumt. Ein ganz toller Anblick, den du nicht verpassen solltest! Zumindest, wenn nicht gerade renoviert wird und der berühmte Blick durch Bagger und Ähnliches verstellt ist. So ist es uns nämlich bei unserem vorletzten Rom-Besuch ergangen!

Blick vom Aventin. Foto: Sonja Warter/Marie Fröhlich Aventin, Rom. Foto: Sonja Warter/Marie Fröhlich

Wenn du schon mal auf dem Aventin bist, dann empfehlen wir dir noch einen Spaziergang durch den hübschen Orangengarten mit einem herrlichen Blick auf die Ewige Stadt. Außerdem lohnt sich ein Besuch der mystischen Basilica di Santa Sabina, eines der ältesten Gotteshäuser der Roms, die auch als beliebte Hochzeitskirche gilt.

Am Fuße des Hügels, 800 Meter weiter, kommst du beim Circus Maximus an, von wo du deine Rom-Besichtigung bequem fortsetzen kannst.

Erstaunliche Geschichten und witzige Storys

Magst du ungewöhnliche Geschichten und unnützes Wissen? Dann gefällt dir vielleicht unser Buch „Schmankerl aus Rom“. Es ist eine humorvolle Ergänzung zum Reiseführer, perfekt zur Einstimmung auf deine nächste Rom-Reise oder für ein paar Stunden Dolce Vita zu Hause. Lachtränen garantiert, neues Angeberwissen nicht ausgeschlossen!

Mehr dazu findest du auf unserer Website www.urban-storys.com

Alle Bilder: Marie Fröhlich und Sonja Warter

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Drömling: herbstliche Radtour durch das Land der 1000 Gräben https://www.reiselust-mag.de/droemling-herbstliche-radtour-durch-das-land-der-1000-graeben/ Tue, 15 Oct 2024 11:24:41 +0000 https://www.reiselust-mag.de/?p=6348 Gräben, Kanäle, sumpfige Wiesen, auf denen Störche auf Futtersuche sind: Der Drömling an der Grenze zwischen Sachsen-Anhalt und Niedersachsen ist zu jeder Jahreszeit ein Idyll und fasziniert immer wieder aufs Neue.

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An einem sonnigen Sonntag im Herbst brechen wir auf zu einer Radtour im Drömling. Wir wollen ab der Kolonie Bergfriede am Mittellandkanal entlang in Richtung Calvörde radeln. Das dünn besiedelte, sumpfige Gebiet an der Grenze zwischen Sachsen-Anhalt und Niedersachsen wird auch „Land der 1000 Gräben“ genannt. Der Drömling gilt als Rückzugsgebiet für seltene oder vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten.

Vom Sumpfwald zum Biosphärenreservat Drömling

Wo sich heute Felder, Weiden, Flachwasserzonen und ein verzweigtes Kanalsystem ausdehnen, erstreckte sich bis zum Ende des 18. Jahrhunderts ein unzugänglicher Sumpfwald. Die Flüsse Aller und Ohre wanden sich mit ihren unzähligen Nebenarmen durch eine Art Urwald. Menschen lebten nur auf einigen Hügeln, die während des Frühlingshochwassers nicht überflutet wurden. Diese Stellen wurden Horste genannt.

Im Jahr 1770 befahl Friedrich der Große, volkstümlich auch „der Alte Fritz“ genannt“, den östlichen Teil des Drömlings zu roden, zu entwässern und landwirtschaftlich nutzbar zu machen. Auf die Initiative des preußischen Königs geht übrigens auch die Entwässerung des Oderbruchs in Brandenburg zurück.

Ohre-Schleuse im Drömling. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Historische Schleuse an der Ohre.

Im Drömling wurden bis 1801 in Handarbeit rund 200 Kilometer Kanäle und Gräben angelegt sowie 32 Brücken, 16 Schleusen und Dienstgebäude für die Grabenmeister gebaut. Daneben entstanden Kolonien als Wohnorte für die Menschen, die sich nun im Drömling ansiedelten.

Ohre und Drömling Informationshaus Kämkerhorst. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Das heutige Informationshaus Drömling in Kämkerhorst fungierte früher als Grabenmeisterei.

Im östlichen, sachsen-anhaltinischen Teil des Drömlings stand mehr als 200 Jahre lang die bedingungslose Nutzbarmachung der Natur im Vordergrund. Man legte Moordammkulturen an und baute den Mittellandkanal, Deutschlands längste künstliche Wasserstraße.

Später wurden Naturschutzprojekte ins Leben gerufen und Flächen teilweise wieder dem Wasser überlassen. Es entstand eine in Deutschland einzigartige, ökologisch wertvolle Niedermoorlandschaft. Seit Juni 2023 ist der Drömling bundesländerübergreifendes UNESCO-Biosphärenreservat.

Radfahren und Wandern im Naturpark Drömling

Hier radeln wir nun auf dem gut befahrbaren Weg immer am Mittellandkanal entlang. An der Flachwasserzone Mannhausen, die übrigens im Zuge des Kanalbaus von Menschenhand geschaffen wurde, können wir das quirlige Treiben der Vögel beobachten. Zudem weiden hier Wasserbüffel.

Drömling, Radweg am Mittellandkanal bei Piplockenburg. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Auf dem Radweg am Mittellandkanal bei Piplockenburg.

Ziel im Vogelschutzgebiet Drömling: Flachwasserzone Mannhausen

Die Flachwasserzone Mannhausen bei Piplockenburg ist durch Wege und Beobachtungshütten sehr gut erschlossen. Hier beobachtet man Seeadler, Störche und Kraniche, den Eisvogel und die Bekassine.

Wer diese Zone umrundet, kann am angrenzenden Allerkanal und an der Ohre möglicherweise Laubfrösche und Fischotter und ganz bestimmt Libellen beobachten.

Vogelschutzgebiet Flachwasserzone Mannhausen, Drömling. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Blick vom Beobachtungsstand auf die Flachwasserzone Piplockenburg/Mannhausen.

Vogelschutzgebiet Flachwasserzone Mannhausen, Drömling. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Auf der eigens für die Vögel angelegten Insel herrscht reger Betrieb.

Zwei Rundwanderwege laden ein, die Flachwasserzone Mannhausen zu umrunden. Sie sind 6,1 und 7,8 Kilometer lang. Beide Wege führen durch die angrenzende Kolonie Piplockenburg. Hier soll die Gaststätte „Drömlingsklause“ hervorragende Gerichte mit Wasserbüffel-Fleisch aus eigener Zucht anbieten. Der kürzere Weg führt am Allerkanal entlang, der längere an der begradigten Ohre und am Informationshaus Kämkerhorst.

An der „Drömlingsklause“ beginnt ein 2,5 Kilometer langer Fischotter-Erlebnispfad. Familien wandern hier am Allerkanal entlang und lernen an Infotafeln und interaktiven Stationen den Fischotter näher kennen.

Wandern im Wendschotter und Vorsfelder Drömling

Auch im niedersächsischen Teil des Drömlings lässt es sich schön wandern. Für das Bürgermagazin „Dein Wolfsburg“ habe ich eine Wanderung im Wendschotter und Vorsfelder Drömling unternommen. Hier lest ihr darüber.

Vorsfelder und Wendschotter Drömling, Wassergraben. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Wanderweg im Vorsfelder Drömling bei Wolfsburg, Niedersachsen

Mit dem Fahrrad an der Ohre entlang und nach Breiteiche

Wir radeln nach dem Stopp an der Beobachtungshütte zurück nach Piplockenburg, um dem Drömling etwas näher zu kommen. Am Informationshaus Drömling Kämkerhorst biegen wir ab und fahren an der Ohre entlang. Rund um das „Deutsche Eck“ entdecken wir einige schöne und gut frequentierte Rastplätze. Wir haben jedoch außer Wasser nichts dabei und die Mägen knurren. Deshalb geht es durch Felder – immer der Ausschilderung folgend – weiter zur Kolonie Breiteiche.

Den Rückweg treten wir wieder an der Ohre an, die unter Bäumen vom orangenen Licht der Nachmittagssonne verzaubert wird. Über Brücken, vorbei an Schleusen und durch pilzreiche Wälder erreichen wir wieder unseren Ausgangsort am Mittellandkanal in Bergfriede.

Mittellandkanal mit Anlegern bei Bergfriede im Drömling. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Charakteristischer Einstieg zur Drömling-Radtour: Bootsanleger am Mittellandkanal bei Bergfriede.

Gaststätten und Cafés im Biosphärenreservat Drömling

Radfahrer und insbesondere Wanderer sind gut beraten, sich vor einer Tour im Drömling über Einkehrmöglichkeiten zu informieren. Denn der Hinweis auf die geringe Bevölkerungsdichte in diesem sumpfigen Landstrich ist durchaus ernst zu nehmen. So gibt es beispielsweise im Herzen des Drömling um Buchhorst zwischen Neuferchau, Rühen und Miesterhorst weder Cafés noch andere Lokale. Es empfiehlt sich also, ausreichend Getränke und eine Stärkung einzupacken und zu picknicken.

Auch wir müssen an diesem Tag unsere Radtour ausdehnen. An unserem eigentlichen Ziel, der Drömlingsklause in Piplockenburg/Mannhausen stellen wir fest, dass die Gaststätte wegen Urlaubs geschlossen ist. Das heißt: Vorfreude auf Wasserbüffel-Burger abstellen, wieder in den Sattel und weiter zur Kolonie Breiteiche.

Radtour an der Ohre im Drömling. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Rad- und Wanderweg entlang der Ohre bei Kämkerhorst.

Das Breiteicher Wiesencafé hat zum Glück geöffnet. Auf der Terrasse mitten in der Natur finden wir einen freien Tisch und genießen die wärmende Herbstsonne. Hier sind Kuchen und Torten selbstgemacht und wirklich lecker. Wir probieren Ozean-Torte mit Stachelbeeren, Baiser und Sahne und Milchreistorte mit Brombeeren. Von letzterer bestellen wir noch ein zweites Stück: Die Milchreistorte ist der Hammer!

Torte Breiteicher Wiesencafé im Drömling. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Im Breiteicher Wiesencafé kommen hausgemachte Torten auf den Tisch. Lecker!

Öffnungszeiten des Breiteicher Wiesencafés

Sommersaison: Donnerstag bis Sonntag, 14 bis 18 Uhr; Wintersaison: Samstag und Sonntag, 14 bis 18 Uhr

Die Gaststätten und Cafés im Drömling sind auf der Webseite des Biosphärenreservats Drömling mit Öffnungszeiten und Kontaktdaten aufgelistet. Wenn ihr weitere Lokale im Drömling kennt, lasst gerne einen Kommentar hier oder schreibt mir eine Email.

Alle Fotos: Beate Ziehres

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10 Routen zu den schönsten Kirchen der Altmark https://www.reiselust-mag.de/kirchen-altmark/ Sun, 18 Aug 2024 22:05:17 +0000 https://www.reiselust-mag.de/?p=6281 Die Altmark ist reich an sehenswerten Kirchen und Klöstern. 10 touristische Routen dienen als Wegweiser zu den 70 schönsten sakralen Bauwerken im Norden Sachsen-Anhalts.

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(Werbung) Besucher der Altmark suchen im Norden Sachsen-Anhalts Ruhe, aber auch kulturelle Erlebnisse. Wo könnte sich beides besser vereinen, als in den bezaubernden Kirchen und Klöstern zwischen Salzwedel und Stendal? Rund 500 kunst- und kulturhistorisch wertvolle Sakralbauten finden sich in der Altmark. Der Altmärkische Regionalmarketing- und Tourismusverband (ART) hat 10 Routen entwickelt, die zu den 70 schönsten Kirchen der Altmark führen.

Für einen kleinen Road Trip habe ich mir die Kirchenroute Nr. 6 ausgesucht. Sie gilt auch als Barock-Kirchen-Tour. Auf einer Länge von rund 130 Kilometern fasst die Route neun sehenswerte sakrale Bauwerke zwischen Salzwedel und Stendal zusammen.

Dom St. Nikolaus und St. Marienkirche in Stendal

Die Kirchenroute Nr. 6 nimmt ihren Ausgang in Stendal, der „Hauptstadt“ der östlichen Altmark. Stendal beheimatet gleich zwei kunstgeschichtlich herausragende Gotteshäuser: den Dom St. Nikolaus und die Stadt- und Ratskirche St. Marien. Beide Kirchen sind Werke der Backsteingotik und im 15. Jahrhundert in ihrer heutigen Form entstanden. Bei meinem Besuch fand ich beide auf unterschiedliche Art sehr beeindruckend.

Die sehenswertesten Elemente des Doms St. Nikolaus sind die großflächigen Glasmalereifenster. Sie sind beispielsweise im Altarraum mit Originalverglasung aus dem 15. Jahrhundert erhalten und zaubern ein geradezu mystisches Licht. Auch das spätgotische Chorgestühl hat mir sehr gut gefallen.

Stendal, Blick zu Chorschranke und Altar der Marienkirche. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Blick von der Empore zu Chorschranke und Altar der Marienkirche.

In der St. Marienkirche haben zuerst die filigrane Chorschranke und der prächtige Hochaltar meine Aufmerksamkeit erregt. Hier könnte man ewig im abgeschirmten Chorraum verweilen, um die Bildgeschichten, die der Flügelaltar erzählt, zu betrachten. Doch St. Marien ist auch für seine Glocken berühmt. Deshalb lohnt sich der Weg hinauf auf den Glockenturm unbedingt.

Stiftskirche St. Nikolaus in Beuster

Dass Beuster direkt an einem Altarm der Elbe und damit im UNESCO Biosphärenreservat Mittelelbe liegt, ist mir erst gar nicht aufgefallen. Wohl aber, dass sich hier Fuchs und Hase Gute Nacht sagen. Die romanische Augustiner-Stiftskirche wirkt überdimensioniert im 200-Seelen-Dorf Beuster. Dabei war sie ursprünglich noch größer.

St. Nikolaus Beuster, Altmark. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Stiftskirche St. Nikolaus in Beuster

Dr. Volker Stephan berichtet, dass der romanische Turm der Kirche im Jahr 1500 abgebaut und ein neuer gotischer Turm in das Kirchenschiff hineingestellt wurde. Als Vertreter des Fördervereins St.-Nikolaus-Kirche Beuster führt er mich durch das Gotteshaus.

Ich erfahre, dass die dreischiffige Backsteinbasilika im 12. Jahrhundert errichtet wurde und damit zu den ältesten Backsteinbauten nördlich der Alpen zählt. Ursprünglich war das Gotteshaus die Kirche des Kollegiatstifts Beuster. Zur mittelalterlichen Klosteranlage zählten neben der Kirche auch ein Kapitelsaal, Schlafsäle und ein Kreuzgang. Der Kreuzgang befand sich in der Stelle, an der heute der Friedhof ist. Im Kloster lebten jedoch keine Mönche, sondern nur Chorherren.

Das Kloster ist heute weitgehend verschwunden. Das gleiche gilt für die Originalausstattung der Kirche. Lediglich der romanische Taufstein ist noch im Original erhalten.

St. Nikolaus Beuster, Altmark. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Die Apsis und das Mittelschiff sind Originalsubstanz aus dem 12. Jahrhundert. Die Seitenschiffe wurden in der Barockzeit (17. Jahrhundert) wiedererrichtet.

Altar und Taufstein St. Nikolaus Beuster. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag St. Nikolaus Beuster, Altmark. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Einkehrtipp in Beuster: Schäferei Schuster

Nach dem Besuch der Stiftskirche kehre ich in der Schäferei Schuster ein – genau im richtigen Moment, um einem Wolkenbruch zu entkommen. Kerstin Schuster betreibt direkt hinter dem Deich und am Elberadweg einen Hofladen mit gemütlichem Café und sogar eine Ferienwohnung.

Hier gibt es nicht nur alles, was die Deichschafe vom Fell bis zur Lammsalami so hergeben, sondern auch exzellente hausgemachte Hefekuchen und Torten. Ich habe der süßen Verlockung erst einmal widerstanden und stattdessen eine Lamm-Soljanka probiert – köstlich! Als Nachtisch gönne ich mir schließlich ein leckeres Stück Erdbeertorte. Absolut empfehlenswert.

Lamm-Soljanka, Schäferei Schuster. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag Erdbeertorte, Schäferei Schuster. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag
Hofladen und Café Schäferei Schuster, Beuster. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Hofladen und Café der Schäferei Schuster.

Öffnungszeiten und Kontakt Hofladen und Café Schäferei Schuster

St.-Petri-Kirche in Seehausen

Vor St. Petri in Seehausen erwartet mich Christian, der erste Türmer der Kirche. Zur Begrüßung stößt er in sein Horn. Doch eigentlich, so lerne ich später, geschah dies früher zu anderen Anlässen. Dazu später mehr.

Christian, erster Türmer der St.-Petri-Kirche in Seehausen, Altmark. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Christian, der erste Türmer von St. Petri.

Wir betreten die Backsteinbasilika durch einen unspektakulären Seiteneingang. Wieder einmal bin ich beeindruckt von der schieren Größe des Gotteshauses, das zwischen dem 12. und dem 15. Jahrhundert in unterschiedlichen Stilen gebaut und mehrmals umgebaut wurde. Die Außenwände des Langhauses stammen original aus dem 12. Jahrhundert.

Christian alias Dr. Walter Fiedler hat allerhand zu berichten, beispielsweise, dass das Gotteshaus zu seiner katholischen Zeit über 16 Seitenaltäre verfügte. Auch ein dramatischer Vorfall ist überliefert: So sei die Spitze eines Turms im 16. Jahrhundert während des Gottesdienstes abgebrochen und ins Kirchenschiff gestürzt.

St.-Petri-Kirche Seehausen. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

St. Petri Seehausen, Blick zum Altar.

St.-Petri-Kirche Seehausen, barocke Kanzel und Orgel. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Barocke Kanzel und Orgel.

Bemerkenswert ist in St. Petri einiges:

  • ein romanisches Backsteinportal
  • geschnitzter Holzaltar
  • eine fast einzigartige Abendmahl-Darstellung
  • Fund eines Münzschatzes
  • die Türmerwohnung

Romanisches Backsteinportal

Nach der Einleitung treten wir vor das Hauptportal von St. Petri. Es liegt geschützt unter den wehrhaften Westtürmen in einer Kapelle, die im 15. Jahrhundert nachträglich angebaut wurde. Das Portal gilt als eines der schönsten romanischen Backsteinportale in Norddeutschland. Backstein und Sandstein bilden ein romanisches Stufenportal mit eingestellten Säulen.

Holzaltar

Der prächtige Holzaltar verfügt über 152 geschnitzte Figuren. Im unteren Bereich, der sogenannten Predella des Hochaltars, entdecke ich eine Kopie von Leonardo Da Vincis Gemälde „Das letzte Abendmahl“. Dieses Bild wurde erst im 19. Jahrhundert anstelle einer außergewöhnlichen Darstellung dieses Ereignisses eingefügt.

Altar und Taufstein St. Petri Seehausen, Altmark. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag Romanisches Portal der St.-Petri-Kirche Seehausen, Altmark. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

„Das letzte Abendmahl“ mit liegenden Aposteln

Im Jahr 2022 fand man zufällig in einem Schrank das ursprüngliche Altarbild wieder. Es zeigt Jesus und die Jünger im Gegensatz zu üblichen Darstellung nicht sitzend, sondern liegend beim letzten Abendmahl. In Deutschland ist nur ein vergleichbares Abendmahl-Bild bekannt.

Bild, Jesus und die Apostel beim Abendmahl liegend. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Rare Darstellung des letzten Abendmahls: Jesus und die Apostel liegen zu Tisch.

Ein Münzschatz

Im Jahr 1991 fanden Bauarbeiter in St. Petri einen über Jahrhunderte verborgenen Schatz. In einem Gefäß befanden sich Münzen und Schmuck aus der Zeit zwischen 1535 und 1635. Demnach muss der Schatz während des Dreißigjährigen Krieges vergraben worden sein. Die Münzen stammten beispielsweise aus den Niederlanden, aus St. Gallen und aus Salzburg. Leider ist der Schatz nicht in Seehausen zu sehen, er wird in Osterburg in einem Museum ausgestellt.

Türmerwohnung

Nun gegen Ende der Führung durch St. Petri habe ich die Gelegenheit zu erkunden, wie es sich in einem Kirchturm lebt. Seit 1680 wohnte über einen Zeitraum von fast 300 Jahren durchgehend ein Türmer mit seiner Familie der Türmerwohnung. Die spartanischen Räume liegen 55 Meter über den Straßen der Hansestadt. Aus den Fenstern bietet sich ein fantastischer Blick über die Dächer Seehausens und der Umgebung.

St.-Petri-Kirche Seehausen, Türmerwohnung. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag Türmerwohnung St. Petri Seehausen, Altmark. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag Eindruck Türmerwohnung St. Petri Seehausen, Altmark. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag
St.-Petri-Kirche Seehausen, Wäschetrockenplatz im Turm. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Wäschetrockenplatz im Turm.

Hier oben finde ich auch das Horn des Türmers wieder. Es hängt griffbereit neben dem Fenster und diente dazu, die Bürger zu warnen, wenn beispielsweise ein Feuer ausgebrochen war. Denn zu den Aufgaben des Türmers gehörte, in kurzen Abständen aus den Fenstern zu schauen, um sich davon zu überzeugen, dass alles seine Richtigkeit hat.

Der Aufstieg über die Holzstiegen ist beschwerlich, aber abwechslungsreich. Ich komme an einem öffentlichen Wäschetrockenplatz, dem Hühner-“Hof“ der Türmerfamilie und an den Glocken vorbei, um nur Beispiele zu nennen. Als Lohn für den Aufstieg überreicht mir Christian zum Abschied den „Türmerling“, einen Kräuterlikör.

Türmerling, Seehausen, Altmark. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Türmerling.

Arendsee: Klosterkirche, Klosterruine und das „altmärkische Meer“

Auf der Kirchenroute Nr. 6 erreiche ich nun ein weiteres Highlight: Arendsee. An den stillen Wassern des gleichnamigen Sees liegt eine Klosterruine. Die dazugehörige spätromanische Kirche trägt den etwas sperrigen Namen Klosterkirche St. Marien, St. Johannes und St. Nikolaus. Arendsee muss eine gefährliche Gegend sein, dass die Kirche gleich drei Heiligen zum Schutz anbefohlen wurde, denke ich mir.

Der Arendsee

Tatsächlich berichtet die Legende von schrecklichen Ereignissen, die sich hier zugetragen haben sollen. Allein die Entstehungsgeschichte des Sees, der mit bis zu 50 Metern zu den tiefsten Seen Norddeutschlands zählt, jagt mir einen leichten Schauer über den Rücken. Der Arendsee ist durch den Einbruch eines Salzstocks entstanden, der sich vor mehr als 1200 Jahren ereignete.

Bei einem weiteren Einbruch im Jahr 1685 soll sich die Seefläche gleich um 20 Hektar vergrößert haben. Und hier kommen wir zur vermeintlichen Legende, die besagt, dass bei einem schweren Unwetter die Mühle des Ortes vom Wasser verschluckt wurde. Sogar die Gebrüder Grimm haben diese Geschichte in einer Sagensammlung aufgenommen. Doch die Legende ist wahr. Denn in 1983 und im Jahr 2000 bargen Taucher Mühlensteine vom Grund des Sees.

Mühlensteine und Klosterkirche Arendsee. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Die aus dem Arendsee geborgenen Mühlensteine sind im Innenhof des Klosters zu sehen

Heute ist der Arendsee ein beliebtes Freizeitgewässer, auf dem Kanuten, Segler, Fischer und ein Raddampfer namens Queen unterwegs sind.

Arendsee. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag.de

Der Arendsee ist ein beliebtes Badegewässer.

Arendsee, Altmark. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag.de

Still ruht der See.

Klosterruine mit Seeblick

Zwischen See und Klosterkirche liegen die Ruinen des einstigen Benediktiner-Nonnenklosters Arendsee. Durch die zahlreich in den verwitterten Mauern vorhandenen Fensteröffnungen kann ich den See sehen – eine nicht ganz alltägliche Lage für ein Kloster. Ob die bis zu 70 Nonnen, die hier lebten, den Seeblick aus dem Refektorium – dem klösterlichen Speisesaal – genossen haben?

Fest steht, dass die Benediktinerinnen in Arendsee eine Klosterschule betrieben und sich in einem eigenen Klosterhospital der Krankenpflege widmeten. Doch 1540, als das Kloster unter Priorin Anna von Jagow gerade seine Blütezeit mit maximalem Besitz und Einfluss erreicht hat, wird es aufgelöst. Das Klostergut wird kurfürstliche Domäne, in den Klosterräumen findet ein adliges Frauenstift Platz. Ab 1868 verfällt das Kloster.

Klosterruine Arendsee, Altmark. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag Klosterruine Arendsee, Altmark. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag Klosterruine Arendsee, Altmark. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag
Kunst im Kloster Arendsee. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Kunst in der Klosterruine Arendsee: Die Bronze-Plastik „Pieta 74“ stammt von Valentin Starchev.

Klosterkirche St. Marien, St. Johannes und St. Nikolaus Arendsee

Die Klosterkirche entstand ab 1185 und damit noch vor den eigentlichen Klostergebäuden. Sie wurde im spätromanischen Stil aus Backstein erbaut. Im Norden schließt an das Kirchengebäude ein zweistöckiger Kreuzgang an – der einzige noch erhaltene Flügel des Kreuzgangs.

Kreuzgang Kloster Arendsee, Altmark. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Im zweistöckigen Kreuzgang des Klosters Arendsee.

Klosterkirche Arendsee. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Klosterkirche Arendsee.

Wir verlassen den abgeschiedenen klösterlichen Innenhof durch die Demutspforte und kommen in den Klostergarten. Noch heute ist es ein Vergnügen, sich hier zwischen all den blühenden Blumen und Gräsern aufzuhalten. In diesem Moment bricht die Sonne durch die Wolken und verstärkt die heitere, ja geradezu gelöste Stimmung dieses Ortes. Jetzt kann ich nachvollziehen, warum Markgraf Otto I. und seine Frau Adelheid ausgerechnet an dieser Stelle ein Kloster gründeten.

Kloster Arendsee. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Im Klostergarten.

Weitere Kirchen an der Kirchenroute Nr. 6

  • Dom St. Marien in Havelberg
  • Johanniskirche in Werben (Elbe)
  • Marienkirche in Salzwedel
  • Katharinenkirche in Salzwedel

Weiterlesen und Weiterhören

Folgende an der Kirchenroute Nr. 6 gelegene Orte sind gleichzeitig Stationen an der sachsen-anhaltinischen Tourismusroute Straße der Romanik:

  • Kloster Arendsee
  • St.-Nikolaus-Kirche Beuster
  • St.-Petri-Kirche Seehausen

Zum Weiterlesen: An der Kirchenroute Nr. 3 liegt die Dorfkirche Schönhausen, St. Maria und St. Willebrord. Die kleine Gutskirche Krumke liegt an der Route 2.

Zum Weiterhören: Im Altmark-Podcast „Damals Kirchen – heute ein Schatz“ berichten die Journalisten Björn Menzel und Pierre Gehmlich von ihrer Reise durch die Altmark, unter anderem zum Kloster Arendsee.

Zum Planen: Auf dieser Seite hat der ART Tourenvorschläge zum Erkunden der Kirchen- und Klosterlandschaft zusammengestellt.

Alle Fotos: Beate Ziehres

Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit dem Altmärkischen Regionalmarketing- und Tourismusverband (ART). Vielen Dank für die Einladung und die hervorragende Organisation der Reise!

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Krumke in der Altmark: ein Schloss, ein Park und perfektes Landleben https://www.reiselust-mag.de/krumke/ Tue, 06 Aug 2024 21:26:33 +0000 https://www.reiselust-mag.de/?p=6265 Krumke ist ein echtes Kleinod im Nordosten der Altmark. Auf Ausflügler warten in Krumke ein verwunschen anmutendes Schloss, ein idyllischer Park und ein Kulturcafé mit einigen Überraschungen und kulinarischen Köstlichkeiten.

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(Werbung) Im Nordosten der Altmark und vor den Toren der Stadt Osterburg liegt Krumke. Nach Krumke verirrt man sich nicht. Ich biege ganz gezielt von der Landesstraße 9 zwischen Krevese und Osterburg auf einen holprigen Kopfsteinpflasterweg ab. Er trägt den verheißungsvollen Namen Schlossstraße. In der Luft liegt aromatischer Pferdeduft.

Über Krumke

Der Traum vom beschaulichen Leben auf dem Land ist für die Krumker wahr geworden. Im 150-Seelen-Dorf kümmern sich drei Vereine um die wesentlichen Bestandteile von Krumke: den Schlosspark, den Reitplatz, das Kavaliershaus und die Kirche. Und hier zeigt sich auch schnell, wo die Wurzeln des Idylls liegen. Krumke war früher ein Rittergut.

Die heutigen Einwohner des Dorfs bilden eine eingeschworene, aber auch engagierte Gemeinschaft. Hier gibt es keinen Verfall. Die Rasen sind gemäht, die Beete gejätet und die Zäune gestrichen. Und das sicherlich nicht, weil ich zu Besuch gekommen bin.

Aber die Krumker legen auch Wert auf ihre Ruhe. Gegen Pläne der Stadt-„Väter“ in Osterburg, ein neues Wohngebiet im Dorf auszuweisen, wehrten sich die Bürger mit Erfolg.

Schloss Krumke

Nur ein Objekt in Krumke scheint sich der Ordnung zu entziehen. Es ist das neogotische Schloss, das mich irgendwie an Dornröschen erinnert. Es wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts auf einer künstlich angelegten Insel erbaut.

Schloss Krumke, Altmark. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Schloss Krumke.

An dieser Stelle stand ursprünglich die markgräfliche Wasserburg Krumke. Sie bildete mit den Burgen Osterburg, Rossau und Gladigau eine Befestigungslinie gegen die Slawen, die auf der anderen Seite des Flüsschens Biese lebten.

Im Jahr 2020 wurde Schloss Krumke verkauft. Soviel ich gehört habe, stehen die neuen Besitzer in den Startlöchern, um dem Kleinod wieder zu Glanz und Würde zu verhelfen. Deshalb bin ich heute schon gespannt auf meinen nächsten Besuch in Krumke.

Kavaliershaus Krumke

Erster Anlaufpunkt der Besucher in Krumke ist sicherlich das Kavaliershaus, ein sehr gastfreundlicher Ort. Das Kavaliershaus ist ein Kulturcafé mit Gästehaus, Weinhandel und überaus herzlichen Gastgebern, die das historische Haus gemeinsam mit Leben füllen.

Kavaliershaus Krumke. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Straßenansicht des Kavaliershaus Krumke.

Außengastronomie Kavaliershaus Krumke, Altmark. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Wer im Kavaliershaus Krumke draußen speist, nimmt direkt im Schlosspark Platz.

„Mamsells Regionalwaren“ im Kavaliershaus

Aileen Maasdorff ist eine dieser Gastgeberinnen. Ich treffe sie in „Mamsells Regionalwaren“, einem Ausstellungsbereich inmitten des Gastraumes. Hier ist Aileen umgeben von selbstgemachten Dingen, die sie liebt, vor allem Lavendelprodukten. Denn im ersten Leben ist Aileen Landwirtin.

Bei Osterburg bestellt sie ein 1 Hektar großes Lavendelfeld. Hier gedeihen 4000 Lavendelpflanzen, die Aileen selbst aus der Provence geholt hat. Aus den aromatischen lilafarbenen Blüten stellt sie von Hand beispielsweise ein Destillat her, das sie anschließend weiterverarbeitet. So finde ich ein Hydrolat, mit dem man unter anderem das Kopfkissen einsprühen kann, um Mücken abzuwehren.

Mamsells Regionalwaren im Kavaliershaus Krumke. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Mamsells Regionalwaren im Kavaliershaus.

Lavendel-Essig, Kavaliershaus Krumke. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Im Kavaliershaus Krumke bietet Aileen Maasdorff alles aus Lavendel an. Hier Lavendel-Essig.

Lavendel, Kavaliershaus Krumke. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Auch getrocknete Lavendelblüten sind im Angebot.

Habe ich eigentlich schon erzählt, dass ich mich in „Mamsells Regionalwaren“ in ein selbstgehäkeltes Handtäschchen verliebt habe? Es war unwiderstehlich, aber leider nur noch in Braun verfügbar – einer Farbe, die in meiner Sommergarderobe nicht vorgekommen ist. Update: Im Urlaub war ich zum Einkaufen und plötzlich liegt Dunkelbraun im Bereich des Möglichen. Aileen, ich komme wieder!

Essen im Kavaliershaus

Ich habe das Vergnügen, im Kavaliershaus Krumke ein Abendessen und ein Frühstück genießen zu dürfen. Und da Krumke zu Osterburg gehört, die Region Osterburg dank Spargelzüchter August Huche für ausgezeichneten Spargel berühmt ist und ich noch dazu Ende Mai zu Besuch bin, kommt natürlich das weiße Edelgemüse auf den Tisch.

Es kommt in Form einer vorzüglichen Spargelcremesuppe, die von Sven Haucke aus Osterburg gekocht wurde. Beim Essen berichtet Aileen Maasdorff, dass es in Osterburg zum guten Ton gehört, eine eigene Reihe Spargel zu haben.

Nach der Spargelsuppe reicht die Gastgeberin knusprigen Flammkuchen, ebenfalls sehr lecker.

Spargelcremesuppe, Kavaliershaus Krumke. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag Flammkuchen im Kavaliershaus Krumke. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag
Gastronomie im Kavaliershaus Krumke. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Eine geschmackvolle Geschichte: Speisen im Kavaliershaus Krumke.

Das Frühstück am nächsten Morgen ist ebenfalls bemerkenswert. Mir bleibt insbesondere Lavendelleberwurst und Lavendelmarmelade in Erinnerung – natürlich hausgemacht. Was nicht selbstgemacht ist, stammt aus der Region.

Kavaliershaus Krumke, Frühstückstisch. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Auf Übernachtungsgäste wartet ein reich gedeckter Frühstückstisch.

Die kulinarischen Genüsse der Region weiß ich übrigens schon seit meinem Einsatz als Altmarkbloggerin beziehungsweise als Küchenspionin im Elbhavelwinkel zu schätzen.

Übernachten im Kavaliershaus

Inmitten der Natur zur Ruhe kommen, begleitet vom Schlaflied des Windes in den hohen Bäumen und morgens aufgeweckt vom Gezwitscher der Vögel – wäre das was für Sie? Für mich ist es ein Traum. Im Kavaliershaus Krumke wird er wahr. Das Gästehaus bietet 2 Doppelzimmer, ein Einzelzimmer und eine Ferienwohnung. Die Unterkünfte sind ganzjährig verfügbar und werden mit veganem, vegetarischem oder klassischen Frühstück angeboten.

Krumke, Altmark. Gästezimmer im Kavaliershaus. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Gästezimmer im Kavaliershaus Krumke.

Öffnungszeiten des Kavaliershauses

Gastronomie ganzjährig Donnerstag bis Sonntag, Gästehaus 365 Tage im Jahr.

Schlosspark Krumke

Nach Krumke gibt es nur einen Weg. Eine schmale Kopfsteinpflasterstraße führt direkt zum schmiedeeisernen Tor, hinter dem sich der Schlosspark versteckt. Das Kleinod abseits der Hauptverkehrsrouten ist Teil des touristischen Gartenträume-Netzwerks.

Bekannteste Rarität im Schlosspark ist wohl die knapp 400 Jahre alte Buchsbaumhecke. Hätte man mich nicht darauf hingewiesen, hätte ich die mächtige Hecke nicht als Buchsbaumhecke erkannt. Bis zu 5 Meter sind die ausladenden Büsche hoch. So bieten sie bei schlechtem Wetter einen schönen Regenschutz. Glück für die Krumker: Der gefürchtete Zünsler hat den Methusalem unter den Buchsbaumhecken noch nicht entdeckt.

Schlosspark Krumke, Buchsbaumhecke. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag Schlosspark Krumke, Altmark. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag
Schlosspark Krumke, Altmark. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Still ruht der See im Schlosspark.

Der Park des ehemaligen Ritterguts Krumke wurde im 17. Jahrhundert als Barockgarten angelegt und später in einen englischen Landschaftspark umgestaltet. Heute verschmelzen im Schlosspark Elemente des französisch-barocken Lustgartens mit dem Typ des englischen Landschaftsgartens.

Aus dem 18. Jahrhundert sind die Orangerie, das Steinkabinett und barocke Skulpturen erhalten. Der alte Baumbestand und in unseren Breiten seltene Arten wie Weymouthskiefern, Jade- und Gingkobaum zählen zu den besonderen Schätzen des Parks.

Orangerie im Schlosspark Krumke. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Die Orangerie im Schlosspark Krumke befindet sich heute im Privatbesitz und wurde zu einem eleganten Wohnhaus umgebaut.

Weinprobe im Schlosspark

Im stilvollen Ambiente des Parks ist eine Weinprobe natürlich ein besonderer Genuss. Et voila: Enrico Potzesny, Sommelier und Mitmieter im Kavaliershaus, kredenzt unserer kleinen Reisegruppe unter den Augen von Bacchus Weine aus der Saale-Unstrut-Region.

Mein Favorit ist der Schaumwein Rurale auf der Basis eines Müller-Thurgau aus dem Hause „Böhme und Töchter“. Auf der Zunge ist er spritzig wie ein Federweißer, aber trockener als der leicht vergorene Traubenmost.

Weinprobe im Schlosspark Krumke mit Enrico Potzesny. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Enrico Potzesny, Sommelier und Mitmieter im Kavaliershaus, lädt zur Weinprobe in den Schlosspark.

Weinprobe im Schlosspark Krumke. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Stilvolle Weinprobe im Schlossgarten.

Krumke als Filmkulisse und Drehort

So viel Romantik bleibt natürlich auch Filmemachern nicht verborgen. Der verwunschene Park hinter dem schmiedeeisernen Tor ist wie gemacht als Schauplatz für Tragödien.

So entstand in der Altmark, unter anderem im Schlosspark Krumke, der zweiteilige Film „Das Bernstein-Amulett“. Die ewige Schönheit des Gartens diente im Sommer 2003 als Kulisse, als sich das Schicksal der Filmfamilie entschied. In 2009 drehte Til Schweiger ebenfalls im Englischen Landschaftspark Teile seines Films „Klassentreffen 2.0“

Dorf- und Schlosskirche Krumke

Ein weiteres bemerkenswertes Kleinod in Krumke ist die Dorf- und Schlosskirche. Die Größe des Gotteshauses aus dem 12. Jahrhundert orientiert sich an den Bedürfnissen eines mittelalterlichen Rittergutes. Der zweiteilige Feldsteinbau wurde von den damaligen Gutsbesitzern gestiftet.

Ein reich geschmückter Holz-Kanzelaltar aus dem Jahr 1722 und der Taufstein prägen den kleinen Kirchenraum. Bei der Sanierung im Jahr 2021 legte die Denkmalpflege an der Außenwand links neben dem Altar Rotstrichmalereien frei, die um 1260 entstanden sind.

Holzaltar in der Dorfkirche Krumke. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag Dorfkirche Krumke. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Der Architekt Frank Ende, der vor drei Jahren den Auftrag zur Sanierung der Schlosskirche von der Stadt Osterburg als Eigentümerin erhalten hatte, weist uns auch auf eine verglaste Empore im linken Bereich hin. Von dort aus konnten der Gutsherr und seine Familie dem Gottesdienst folgen.

Tipps zum Weiterlesen

Alle Fotos: Beate Ziehres

Ich habe Krumke auf Einladung des Altmärkischen Regional- und Tourismusverbands besucht und danke herzlich für die Organisation und die Einladung.

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Stettiner Haff Rundweg – mit dem Fahrrad durch Westpommern https://www.reiselust-mag.de/stettiner-haff-rundweg-fahrrad/ Tue, 16 Jul 2024 12:05:22 +0000 https://www.reiselust-mag.de/?p=6201 Radtour auf dem polnischen Teil des Stettiner Haff Rundwegs – von Stettin nach Swinemünde. Immer dabei: Wasser, wilde Natur, malerische Landschaften und gutes Essen.

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In zwei Tagen von Stettin nach Swinemünde mit dem Fahrrad – oft nahe am Stettiner Haff, manchmal durch atemberaubende Wälder, immer inmitten wunderschöner Landschaft. 130 abwechslungsreiche Kilometer streckt sich der Stettiner Haff Rundweg zwischen Szczecin und Świnoujście. 130 Kilometer Zeit, sich zu verausgaben und zu genießen: das Land, die Leute, die Aussicht, Sonne auf der Haut, Wind im Haar und gutes Essen auf dem Teller.

Stettiner Haff

Bis dato wusste ich über das Stettiner Haff, dass es zwischen Stettin und der Ostsee liegt. Tatsächlich ist das Haff, das manchmal auch Oderhaff oder Pommersches Haff genannt wird, eine Lagune der Ostsee. Die Verbindungen des Stettiner Haffs zur offenen Ostsee bilden um die Inseln Usedom und Wolin herum drei Meeresarme: die Dzwina, die Swine und der Peenestrom. Alle drei gelten als Mündungsarme der Oder, die ihrerseits mit der Mündung ins Stettiner Haff von der Landkarte verschwindet.

Das Stettiner Haff hat eine durchschnittliche Tiefe von nur 3,8 Metern. Die Fahrrinne zwischen Świnoujście (Swinemünde) und Szczecin (Stettin) wird künstlich bei einer Tiefe von 10,5 Metern gehalten. Das Wasser des Stettiner Haffs ist nur leicht salzhaltig. Die Ufer sind meist flach und mit Schilf bewachsen. Eine der wenigen Stellen, an denen es eine Steilküste gibt, liegt bei Lubin.

Stettiner Haff Rundweg. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Stettiner Haff Rundweg.

Café am Aussichtspunkt Grodzisko, Lubin. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Café Grodzisko bei Lubin – ein Ort mit Aussicht.

Seit 1945 verläuft die Grenze zwischen Polen und Deutschland durch das Stettiner Haff. Das Gewässer und seine Uferregionen sind vielfach Naturschutzgebiete, teilweise Nationalparks und ein beliebtes Ziel für Reisende, die Ruhe und Entspannung suchen. Ein wichtiger Wirtschaftszweig rund um das Stettiner Haff ist außerdem der Fischfang.

Stettiner Haff Rundweg und Radweg Blue Velo

Der Stettiner Haff Rundweg, polnisch „Wokół Zalewu Szczecińskiego“, ist ein deutsch-polnischer Radweg, der das Stettiner Haff einmal komplett umrundet. Hier tauchen Radfahrer ein in die zauberhaften Naturlandschaften am Stettiner Haff (Zalew Szczeciński) und am Dąbie See (Jezioro Dąbie). Der östliche Teil des Stettiner Haff Rundwegs ist übrigens deckungsgleich mit dem polnischen Radwanderweg „Blue Velo“.

Auf meiner Reise mit dem Fahrrad von Stettin nach Swinemünde bin ich durch den unendlichen, wogenden Schilfgürtel, durch beeindruckende Wälder mit riesigen Farnen und buntblühende Wiesenblumenfelder gefahren. Ich konnte Seeadler, Hochlandrinder und die ganz besonderen Polnischen Ponys beobachten.

Kiefernwald, Stettiner Haff Rundweg, 2 Radfahrer. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

An dieser Stelle führt der Stettiner Haff Rundweg durch einen herrlichen Kiefernwald mit hohen Farnen.

Radweg Stettiner Haff Rundweg. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Auf dem Radweg Stettiner Haff Rundweg.

Entlang des Weges gibt es überall Rastplätze, die Schutz vor zu viel Sonne und Regen bieten. Aussichtspunkte und Bänke laden dazu ein, den Blick über die spiegelglatte Wasseroberfläche schweifen zu lassen und die Zeit zu vergessen.

2 Frauen blicken aufs Stettiner Haff. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

An vielen Stellen lässt sich die Aussicht aufs Stettiner Haft genießen.

In den Orten am Ostufer des Stettiner Haff finden Radler auf gemütlichen Café-Terrassen oder in Biergärten kalte Erfrischungen, leckeres Eis oder die legendären polnischen Waffeln (Gofry) mit frischen Beeren und Schlagsahne. Ich rieche die frischgebackenen, knusprigen Waffeln schon, wenn ich nur in die Nähe einer solchen Waffelbäckerei komme.

In den Restaurants rund um das Haff kommt traditionell Fisch auf den Tisch. Jeder Ort wartet hier mit besonderen Spezialitäten auf. In Stettin ist es Paprykarz Szczencinski, eine an Tartar erinnernde Mischung aus Fisch, Paprika und Reis. Gegrillter Lachs und Brachse werden mir im Zentrum der Wikinger und Slawen in Wolin serviert, während in Międzyzdroje Heilbutt auf dem Teller liegt.

Der Stettiner Haff Rundweg im Überblick

  • Strecke insgesamt: 296 km
  • Anstiege insgesamt: 826 Höhenmeter
  • Abfahrten insgesamt: 827 Höhenmeter
  • Route geeignet für Familien mit Kindern
  • Anreise per Bahn möglich

Etappe I: von Stettin nach Modrzewie (H2)

Wir starten unsere Radtour von Stettin nach Swinemünde am Ufer des Dąbie-Sees. Hier führt ein neuer Schotterweg immer am Wasser entlang. Überall gibt es Anlegestegs für Kanuten und Kajakfahrer sowie neue, überdachte Rastplätze.

Stettiner Haff Rundweg. Anlegestelle für Kajaks am Dabie-See. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Anlegestelle für Kajaks am Dabie-See nahe Stettin

In der danach folgenden Skelettbucht (Zatoka Szkieletów) gibt es gleich fünf Kajakanlegestellen, bestehend aus Stegen und Holzpavillons. Zwei dieser Anlegestellen können nur vom Wasser aus erreicht werden, die übrigen stehen auch Radfahrern und beispielsweise Inlineskatern offen. Ihren etwas gruseligen Namen hat die Skelettbucht von Seglern erhalten – wohl zum Spaß, denn Skelette sollen hier bisher nicht gefunden worden sein.

Radfahrer, die auf dieser Etappe Erfrischung im Dąbie-See suchen, finden in Bystra bei Czarna Laka einen Sandstrand.

Kurz vor Lubczyna wird es aber doch noch etwas gruselig. Hier liegt im Schilf ein Schiffswrack. Wer will, kann einem Pfad durchs Schilf folgen und das Wrack aus der Nähe erkunden.

Schiffswrack im Schilf, Stettiner Haff. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Schiffswrack am Stettiner Haff Rundweg.

Nach einer Pause am Yachthafen von Lubczyna (dazu im nächsten Abschnitt mehr) taucht am Horizont ein weiteres, weithin sichtbares Wrack auf. Es ist ein Betonschiff. Die monumentale Konstruktion wurde ab 1942 von den Deutschen im heutigen Darłówko (damals Rügenwaldermünde) als Betontankschiff „Ulrich Finsterwalder“ gebaut. Es ist 90 Meter lang, 14 Meter breit und hatte bei einer Seitenwandhöhe von 7,9 Metern einen Tiefgang von 6,5 Metern.

Das Meer hat es gleichwohl nie erreicht. Die „Ulrich Finsterwalder“ wurde zweimal von Bomben getroffen und schließlich auf einem Riff im Peenestrom auf Grund gesetzt. 1970 barg eine Spezialfirma das Hindernis aus der Fahrrinne, entfernte alle Aufbauten und setzte es im seichten Wasser bei Inoujście ab. Manchmal finden Konzerte auf dem Deck statt. Das Publikum sitzt dann auf Booten rund um das gestrandete Schiffswrack.

In Modrzewie endet die Etappe I des Stettiner Haff Rundwegs. Wir halten am örtlichen Dino-Supermarkt an, um ein paar kleine Snacks und Erfrischungen zu kaufen. Denn es geht direkt weiter auf die 2. Etappe.

Etappe I des Stettiner Haff Rundwegs in Zahlen

  • Strecke insgesamt: 43,7 km
  • Anstiege insgesamt: 60 Höhenmeter
  • Abfahrten insgesamt: 79 Höhenmeter

Interessante Orte an Etappe I des Stettiner Haff Rundwegs

Stettin

In Stettin (Szczecin) haben wir uns Zeit genommen für einen ausführlichen Bummel durch die Stadt. Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten sind hier zu Fuß zu erreichen. Wir starten in der unteren Stadt am Markt mit den bunten Fassaden und dem alten Rathaus.

Altstadt von Stettin, Polen. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

In der Altstadt von Stettin (Szczecin), Polen.

Fahrräder an der Oderpromenade in Stettin. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Auch in Stettin – hier auf der Oderpromenade – sind Radfahrer willkommen.

Vorbei am Schloss der Pommerschen Herzöge geht es zur Mieczyslaw-Karlowicz-Philharmonie und schließlich zur Hakenterrasse und zur Oderpromenade. Auf dem Rückweg gibt es mit der Jakobskathedrale mehr imposante Backsteinarchitektur und mehr innerstädtisches Grün am Rossmarkt.

Stettin werde ich in Kürze einen eigenen Beitrag widmen.

Marina Lubczyna

Entlang des Stettiner Haff Rundwegs gibt es viele Marinas. Eine davon ist die Marina Lubczyna. Radfahrer finden hier einen schönen, überdachten Picknickplatz mit Grillstelle und einen Übernachtungsplatz mit Toiletten, Duschen und einer Waschmaschine. Für 12 Euro pro Nacht darf man auf der Wiese zwischen den beiden Hafenbecken sein Zelt aufstellen.

Täglich zwischen 12 und 20 Uhr öffnet an der Marina ein kleines Café, das Eis, Waffeln und Kaffee anbietet. Um die Ecke gibt es einen Sandstrand, eine Fahrradreparaturstation mit Selbstbedienung und eine Boots- und Kajakvermietung. Dank zweier Lebensmittelgeschäfte im Ort braucht auch niemand zu verhungern.

Pause an der Marina Lubczyna. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Pause an der Marina Lubczyna.

Kontaktdaten Marina Lubczyna
Adresse: Żeglarska 2, 72-105 Lubczyna
Seite: www.lubczyna.goleniow.pl
Rufnummer: +48 91 419 16 12

Etappe II: von Modrzewie nach Wolin

Weiter geht es in Richtung Stepnica. Nach dem Dorf Kąty biegen wir ab in einen atemberaubend schönen Kiefernwald, in dem mächtige Farne gedeihen. Stepnica eignet sich perfekt für eine kurze Pause. Ein großer, weißer Sandstrand lädt zum Baden ein. Außerdem gibt es hier Cafégärten, in denen Eis und frische Getränke angeboten werden.

Vorbei am Naturschutzgebiet Białodrzew Kopicki erreichen wir Czarnocin. Von hier bis Wolin führt der Stettiner Haff Rundweg auf dem Deich immer am Haff entlang. Immer wieder tauchen kleine, einsame Sandstrände im Schilfgürtel auf. An diesem Tag ist es windstill, das Wasser liegt glatt und verbreitet eine meditative Ruhe.

Stettiner Haff Rundweg. Frau am Strand. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Entspannter Sommernachmittag am Stettiner Haff.

Doch am angespülten Treibgut können wir erkennen, dass das Stettiner Haff auch anders kann und die Deiche ihre Berechtigung haben.

Wir radeln jetzt durch den Naturpark Stettiner Haff, ein Modellgebiet des ökologischen Netzwerks Natura 2000. In der Ferne sehen ich schottische Hochlandrinder grasen und auch die wilden polnischen Ponys leben im Naturpark, der von Wiesen und Weiden geprägt ist.

Auf einer asphaltierten Straße geht es nun bergab nach Wolin, dem Ende der zweiten Etappe des Stettiner Haff Rundwegs und unserem Übernachtungsort.

Etappe II des Stettiner Haff Rundwegs in Zahlen

  • Strecke insgesamt: 46,7 km
  • Anstiege insgesamt: 81 Höhenmeter
  • Abfahrten insgesamt: 80 Höhenmeter

Interessante Orte an Etappe II des Stettiner Haff Rundwegs

Stepnica

Stepnica ist bekannt für den weißen Strand. Der Sand wurde allerdings nicht am Haff angespült, er ist aus Swinemünde importiert.

Seebrücke Stettiner Haff, Stepnica. Foto: Beate Ziehre, Reiselust-Mags

Der Steg mit Bootsanlagestellen führt vom Strand in Stepnica auf das Stettiner Haff hinaus.

Nur einige Schritte entfernt vom Strand mit seinem ausladenden Steg, der auch Anlegemöglichkeiten für Boote bietet, entdecke ich eines der charakteristischsten Gebäude am Stettiner Haff: die Tawerna Panorama. Als „Standhalle Sak“ wurde das Restaurant 1840 erbaut. Holz mit originellen und in Westpommern einzigartigen Verzierungen prägt die Fassade. Das Innere des Lokals soll im nautischen Stil gehalten sein. Übrigens sind hier auch Radfahrer zum Übernachten willkommen.

Stepnica, Panorama Schänke. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Beeindruckendes Gebäude: die Tawerna Panorama.

Wolin – Zentrum der Wikinger und Slawen

Wolin liegt am Westufer der Dziwna auf der gleichnamigen Insel. Wolin ist zugleich die größte polnische Insel. Wir nähern uns dem Ostufer der Dzwina von Süden und genießen die Silhouette von Wolin mit der Stiftskirche St. Nikolaus bis zum nächsten Morgen. Eine überaus holprige Kopfsteinpflasterstraße führt zu unserem heutigen Etappenziel: dem Zentrum der Wikinger und Slawen, das auf einer eigenen kleinen Insel liegt.

Stettiner Haff Rundweg, Wolin, Foto: Beate ZIehres

Die Stiftskirche St. Nikolaus in Wolin über die Dziwna hinweg vom Zentrum der Wikinger und Slawen aus gesehen.

Arek, ein waschechter und kampferprobter Wikinger, heißt uns willkommen und zeigt uns unsere Hütten für die Nacht. Später empfängt er uns in seinem Haus an der Feuerstelle und bewirtet uns mit Köstlichkeiten aus der Zeit der Wikinger und Slawen.

Essen wie die Wikinger. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Abendessen im Wikinger-Stil – da bleiben keine Wünsche offen.

Es ist der Tag vor Mittsommer und noch hell, als wir Arek eine geruhsame Nacht wünschen. Ich bin verzaubert vom pastelligen Licht und streune noch etwas zwischen den Hütten herum, bevor ich mich völlig überwältigt von den Eindrücken dieses Tages hinlege.

Zentrum der Wikinger und Slawen, Wolin. Übernachtungsmöglichkeiten. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

In diesen kleinen Ferienhäuschen übernachtet man beim Zentrum der Wikinger und Slawen in Wolin.

Etappe III: von Wolin nach Swinemünde

Am nächsten Morgen sitzen wir wieder im Sattel – autsch! – und passieren nun die Dziwna. In Wolin nehmen wir einen kleinen Umweg, um einen neuen Baumwipfelpfad im Park Miejskiego südlich von Wolin zu besteigen. Ein absolut empfehlenswerter, dazu kostenloser Abstecher. Die Aussicht auf das Stettiner Haff und die Dziwna, die hier ihren Anfang nimmt, ist grandios.

Stettiner Haff Rundweg. Hier im Stettiner Haff nimmt die Dziwna ihren Anfang: Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Blick auf das Stettiner Haff und die rückwärtige Mündung der Dziwna.

Schließlich radeln wir an einer Windmühle vorbei über bunt blühende Wiesen ans Stettiner Haff. Nach einer Weile biegt der Schotterweg ab in Richtung Wald. Wir gelangen in den südlichen Teil des Nationalparks Wolin (Woliński Park Narodowy) und fahren durch beeindruckende Buchenwälder. Sie sollen den ehemals hier beheimateten Urwäldern sehr ähnlich sein.

Buchenwald im Nationalpark Wolin. Foto: Krzysztof Zablocki

Buchenwald im Nationalpark Wolin. Foto: Krzysztof Zablocki

In Lubin verlassen wir abermals den Stettiner Haff Rundweg, um einen lohnenswerten Abstecher zu machen. Der Aussichtspunkt Grodzisko Lubin will erst einmal erklommen werden. Der Weg führt steil bergauf. Am Kassenhäuschen ist für die Räder Endstation. Zu Fuß geht es auf die Klippe, auf der sich die Reste einer Festung aus dem 12. Jahrhundert befinden.

Die Aussicht von hier auf das rückwärtige Delta der Swina mit 44 sumpfigen Inseln und Inselchen ist atemberaubend. Das sogenannte „Land der 44 Inseln“ ist ebenfalls Bestandteil des Woliński Nationalparks.

Stettiner Haff, Land der 44 Inseln, Lubin

Bei Lubin überblickt man von der Klippe Grodzisko das sogenannt „Land der 44 Inseln“ im Stettiner Haff.

Schon auf dem Weg zur Klippe steigt am Café der Duft von frischgebackenen Waffeln in meine Nase. Da kann ich auf keinen Fall „Nein“ sagen! Sie ist köstlich knusprig und eine klare Empfehlung!

Waffel mit Beeren und Banane. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Lecker! Knusprige Waffel mit gemischtem Obst und Sahne.

Von hier aus ist es nicht mehr weit nach Międzyzdroje. Nach einem Mittagessen und einem Bummel durch den quirligen Kurort geht es weiter nach Swinemünde. Der Weg führt nun am Rande einer Düne entlang – mit Blick auf den Strand und die Ostsee. Nach einer Passage durch den Wald ist mit Swinemünde das Ziel der 3. Etappe erreicht. Radfahrer überqueren die Swina traditionell mit einer Fähre, um von der Insel Wolin auf die Insel Usedom und in die Innenstadt von Swinemünde zu kommen.

Etappe III des Stettiner Haff Rundwegs in Zahlen

  • Strecke insgesamt: 37,5 km
  • Anstiege insgesamt: 164 Höhenmeter
  • Abfahrten insgesamt: 168 Höhenmeter

Interessante Orte an Etappe III des Stettiner Haff Rundwegs

Międzyzdroje

Der Kurort Międzyzdroje (Misdroy) bietet alle Annehmlichkeiten, die man in einem Ostseebad erwartet: feinsandiger, weißer und endlos langer Strand, eine Seebrücke mit Gelegenheit, Eis zu essen, einen Drink zu nehmen oder zu einer Rundfahrt mit den weißen Adler-Schiffen zu starten und eine Strandpromenade. Der Zugang zur Seebrücke gleicht einem riesigen verglasten Pavillon mit viel Gastronomie und bombastischen Torten am Angebot.

Seebrücke Międzyzdroje (Misdroy) Polen. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Auf der Seebrücke in Międzyzdroje an der polnischen Ostsee.

In guter Erinnerung bleibt mir das Mittagessen im Café und Restaurant „Kredens“. Der Name lehnt sich an das alte deutsche Wort „Kredenz“ an. Das „Kredens“ gehört Bogusław Mamiński und seiner Frau Beata Mamińska. Der zweimalige Olympiateilnehmer ist mehrfacher polnischer Meister im 3000-Meter-Hindernislauf.

In stilvollem Ambiente kredenzt man uns eine wirklich große Schale der besten Gemüsecremesuppe, die ich jemals gegessen habe. Danach bin ich eigentlich schon satt. Aber das Hauptgericht lässt nicht lange auf sich warten: Heilbutt-Steak mit einem bunten Salat und Kartoffelspalten. Ebenfalls sehr lecker!

Suppe im Restaurant "Kredens" in Misdroy (Polen). Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag Heilbutt-Steak, "Kredens", Misdroy, Polen. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag Terrasse des Restaurant "Kredens". Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Swinemünde

Świnoujście (Swinemünde) markiert den östlichsten Punkt der Insel Usedom und ist das westlichste der polnischen Ostseebäder. Die westliche Stadtgrenze ist zugleich die Landesgrenze, das Kaiserbad Ahlbeck ist Swinemündes Nachbarstadt.

Während jedoch Ahlbeck mit der ältesten Seebrücke Deutschlands auftrumpft und seine glanzvollste Zeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts erlebt hat, schlürft in Swinemünde das junge Publikum in chromblitzender, kühler Atmosphäre Austern und Cocktails.

Doch es geht auch weniger mondän. Wir haben die Mittsommernacht mit einem erfrischenden Fußbad in der Ostsee und Wein am Strand gefeiert.

Stettiner Haff Rundweg, Swinemünde, Luxushotels. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag Swinemünde, Polen, Beate Ziehres mit den Füßen im Meer. Foto: Heidi Diehl

Zuvor hatten wir die wichtigsten Sehenswürdigkeiten Swinemündes mit dem Fahrrad erkundet. Mein Lieblingsort war zweifellos die Mühlenbake (Stawa Mlyny), die als Wegzeichen für Schiffe auf einer Mole steht. Die weiße Mühle markiert die Hafeneinfahrt und die Mündung der Swine.

Stettiner Haff Radweg, Swinemünde, Mühlenbake. Foto: Beate ZIehres, Reiselust-Mag

Mühlenbake in Swinemünde.

In Świnoujście finden zwei erlebnisreiche, intensive Tage einen würdigen Abschluss. Am Stettiner Haff habe ich wunderschöne Landschaften entdeckt, staunenswerte Orte und kulinarische Köstlichkeiten. Der polnische Teil des Stettiner Haff Rundwegs ist eine echte Genießer- und Entdeckerroute und schon jetzt steht für mich fest, dass ich hierher zurückkehren werde. Vielleicht mit dem Boot, um das Haff paddelnd zu erkunden. Und sicherlich mit dem Fahrrad.

Wichtiger Begleiter: Fahrrad-App „Pomorze Zachodnie“

Denn schon vor der Abfahrt nach Polen habe ich mir die Fahrrad-App „Pomorze Zachodnie“ heruntergeladen. Sie ist kostenlos in den App Stores oder über die dazugehörige Webseite erhältlich. Die App informiert detailliert über Streckenverlauf, Sehenswürdigkeiten und Praktisches am Wegesrand. „Pomorze Zachodnie“ gibt es in vier Sprachen, darunter auch in Deutsch. Die App vereint 1100 Kilometer Fahrradrouten in Vorpommern und mehr als 4000 Sehenswürdigkeiten unter ihrem „Dach“.

Eine weitere Route aus der App steht schon auf meiner Liste: Die Route „Velo Baltica“ führt immer an der Ostsee entlang von Swinemünde nach Elbląg. Sie ist der westpommersche Teil zweier internationaler Fahrradrouten: des Eurovelo 10 (Ostsee-Radweg) und des Eurovelo 13 (Iron Curtain Trail). Als Ostsee-Fan reizt mich besonders die Aussicht, an einsame Ostseestrände zu kommen, die im Grunde nur für Radfahrer zugänglich sind.

In meinem Beitrag „Leba – Urlaub an der polnischen Ostsee“ lernt ihr die Sehenswürdigkeiten in und um den hübschen Badeort Leba kennen.

Alle Fotos, sofern nicht anders vermerkt: Beate Ziehres

Pressereise. Vielen Dank für die Einladung und die Organisation an das polnische Fremdenverkehrsamt in Berlin und an die Tourist Information in Szczecin.

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Stendal – die 7 beliebtesten Sehenswürdigkeiten https://www.reiselust-mag.de/stendal-sehenswuerdigkeiten/ Mon, 17 Jun 2024 21:35:34 +0000 https://www.reiselust-mag.de/?p=6150 Die Hansestadt Stendal hat bereits im ausgehenden Mittelalter von sich reden gemacht. Sie war und ist die größte von insgesamt 8 Hansestädten in der Altmark. Zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten zählen die mächtigen Backsteinbauwerke aus dem 15. Jahrhundert.

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(Werbung) Die Hansestadt Stendal ist heute die größte Stadt der Altmark und war früher eine von nur 25 mittelalterlichen Großstädten. Hier im Nordosten Sachsen-Anhalts zeugen mächtige Stadttore, riesige Backsteinkirchen und ein prächtiges Rathaus von Wohlstand und Ansehen in der Hansezeit. Die 7 beliebtesten Sehenswürdigkeiten von Stendal zeige ich euch in diesem Beitrag. Und am Ende folgt noch ein ganz neuzeitlicher Restaurant-Tipp.

Stendal und die Hanse

Stendal in der Hansezeit muss man sich so vorstellen: Die größte altmärkische Hansestadt stellte ihren Wohlstand mit prächtigen Backsteinbauten zur Schau. Tuchmacher und Gewandschneider verdienten gutes Geld, denn das berühmte „Stendaler Laken“ wurde im ganzen Ost- und Nordseeraum gehandelt.

Den Grundstein für den Aufstieg Stendals zur blühenden Handelsstadt legte Markgraf Albrecht der Bär. Um 1165 gab der Stendal die Marktrechte. Durch die Mitgliedschaft Stendals in der Hanse – die Aufnahme in den mächtigen Handelsbund stellte ein Ritterschlag für die neuen Mitglieder dar – nahm der wirtschaftliche Aufschwung Fahrt auf. Den Reichtum des 14. und 15. Jahrhunderts sieht man der Stadt heute noch an. Gebäude aus dieser Zeit zählen zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt.

Stendal, Backsteingotik, Giebel des alten Rathauses. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Backsteingotik – Giebel des alten Rathauses zu Stendal.

Doch die Herrlichkeit sollte bald ein Ende haben. Es kam zu Aufständen im Volk. Die Menschen in der Altmark protestierten gegen die Einführung einer Biersteuer. Bis 1518 wurden alle acht altmärkischen Hansestädte aus dem mächtigen Handelsbund ausgeschlossen. Heute haben sich die historischen Hansestädte zum Altmärkischen Hansebund zusammengeschlossen und tragen wieder stolz die Bezeichnung Hansestadt.

Mehr über die Hanse erfahrt ihr im Altmark-Podcast in der Folge „Damals Hanse – heute ein Erlebnis“.

#1 Marienkirche Stendal

Gemeinsam mit dem Rathaus und dem Roland bildet die Stadt- und Ratskirche St. Marien ein majestätisches Gebäudeensemble am Stendaler Markt. Die gotischen Backsteintürme der Marienkirche überragen alle anderen Kirchtürme der Stadt. Sie zeugen noch heute vom Selbstbewusstsein der reichen Stendaler Bürger. Für mich ist die Marienkirche eine der herausragenden Sehenswürdigkeiten Stendals.

Stendal, Westwerk der Marienkirche und Giebel des neuen Rathauses. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Westwerk der Marienkirche und Giebel des neuen Rathauses.

Geschichte und Ausstattung

Die dreischiffige Hallenkirche wurde ab 1420 an der Stelle eines romanischen Vorgängerbaus errichtet und 1447 geweiht. Für die Ausstattung des Sakralbaus war der wohlhabenden Bürgerschaft das Beste gerade gut genug. Beim Betreten des monumentalen Innenraums erregt zuerst die Chorschranke meine Aufmerksamkeit. Das filigran geschnitzte Bauteil stammt aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Die integrierten Apostelfiguren sollen jedoch bereits im 13. Jahrhundert entstanden sein.

Hinter der Chorschranke befindet sich ein beeindruckender doppelflügeliger Schnitzaltar. Das spätgotische und reich vergoldete Prachtexemplar zeigt biblische Szenen, unter anderem aus dem Leben Marias und der Kindheit von Jesus. Stundenlang könnte ich hier verweilen, die einzigartige Atmosphäre in diesem Chorraum aufnehmen und die geschnitzten Reliefs betrachten.

Stendal, Sehenswürdigkeit geschnitzter Flügelaltar in der Marienkirche. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag Stendal, geschnitzte Chorschranke der Marienkirche. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag
Stendal, Blick zu Chorschranke und Altar der Marienkirche. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Blick von der Empore zu Chorschranke und Altar der Marienkirche.

Astronomische Uhr

Im weiteren Verlauf der Führung durch die Marienkirche macht Bärbel Hornemann, Vorsitzende des Stendaler Glockenvereins, auf eine weitere Sehenswürdigkeit aufmerksam: die astronomische Uhr. Sie ist an der Rückwand des Kirchenraumes unter der Orgelempore versteckt.

Zumindest im ostdeutschen Binnenland ist diese astronomische Uhr einmalig. Sonst sind sie nur in den Hansestädten an den Küsten anzutreffen. Dass das technische Meisterwerk aus dem 16. Jahrhundert heute wieder funktioniert, ist dem Stendaler Goldschmiedemeister Oskar Roever zu verdanken. Nach einigen Jahrhunderten Stillstand erweckte er die kunsthistorisch wertvolle Uhr wieder zum Leben.

Einen kompletten Tag benötigt der Stundenzeiger, um das knapp 3 mal 3 Meter große 24-Stunden-Zifferblatt einmal zu umrunden. Der im Original nicht vorhandene Minutenzeiger benötigt 2 Stunden für einen Umlauf. Zudem gibt es unter anderem einen Sonnen- und einen Mondzeiger. Faszinierend!

Stendal, Sehenswürdigkeit astronomische Uhr in der Marienkirche. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Die berühmte astronomische Uhr in der Marienkirche ist eine der Sehenswürdigkeiten Stendals.

Scherer-Orgel

Nun besteigen wir den Nordturm. Der erste Ausgang führt zur Orgelempore. Hier erwartet den Besucher ein bedeutendes Architektur-, Kunst und Klangdenkmal: Der berühmte Hamburger Orgelbauer Hans Scherer der Ältere hat dieses Instrument im Jahr 1580 geschaffen. Heute ist noch ein Drittel der Orgelpfeifen im Original vorhanden.

Stendal, Blick zur Orgel der Marienkirche. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag Stendal, Orgel der Marienkirche. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag
Stendal, Malerei unter der Orgel der Marienkirche. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Malerei unter der Orgel der Marienkirche.

Glocken der Marienkirche Stendal

Nun geht es höher hinauf in Richtung Turmzimmer. In einem Zwischengeschoss informiert eine kleine Ausstellung über die Kunst des Glockenbaus. Und dann erreichen wir das mittelalterliche Geläut der Marienkirche.

Die Stendaler beauftragten bald nach der Einweihung der Kirche den berühmtesten Glockengießer seiner Zeit, den Niederländer Gerdt van Wou. Der Meister richtete 1490 seine Werkstatt in Stendal ein. Mit der größten Glocke, die den passenden Namen Maria trägt, und der drittgrößten, der „Faulen Anna“, schuf er den Grundstock für das Geläut. Insgesamt 12 Glocken umfasst das Geläut, ein fein abgestimmtes Kunstwerk. Hier kann man die Glocken läuten hören.

Oben bei den Glocken berichtet Bärbel Hornemann von einigen Besonderheiten. „Maria“, die mehr als ein halbes Jahrtausend ihren Dienst verrichtet, sei wirklich von bemerkenswerter Qualität und niemals gesprungen.

Außergewöhnlich ist auch, dass die Glocken nicht gezogen, sondern getreten werden. Dies geschieht beispielsweise jedes Jahr am 3. Advent. Zu diesem Anlass werden im Turmzimmer traditionell „himmlische Bratäpfel mit Orangensoße“ serviert. Himmlisch deshalb, weil die Glocken als Vermittler zwischen Himmel und Erde gelten und das Turmzimmer über dem Geläut liegt.

Stendal, historisches Uhrwerk Marienkirche. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Historisches Uhrwerk im Nordturm der Marienkirche.

Stendal, Treppe im Nordturm der Marienkirche. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Enge Treppe im Nordturm der Marienkirche in Stendal.

Zum Schluss: 1 Legende, 2 Skelette und 1,7 Meter dicker Staub

  • Einer Legende nach überflutete ein verheerendes Elbhochwasser im Jahr 1425 die Baustelle der Marienkirche. Als das Wasser fiel, blieb ein Fisch zurück. Ein an einem Pfeiler des Chorumgangs befestigter Fisch erinnert an das Ereignis.
  • Beim Aufräumen im Sockel des Südturms fanden Helfer vor einiger Zeit Skelette einer Frau und eines Kindes und nach weiterer Suche daneben den Eingang zu einer mittelalterlichen Gefängniszelle. Die Erforschung der Skelette ergab, dass Mutter und Kind verhungert waren.
  • Bei der Reinigung des Dachbodens im Jahr 2007 war die abzutragende Staubschicht teilweise 1,7 Meter dick. Auf dem Dachboden war mehr als 500 Jahre nicht sauber gemacht worden.
Stendal, Fisch in der Marienkirche. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Sagenumwobener Fisch.

Öffnungszeiten, Turmführungen, Kontakt

  • Öffnungszeiten Mai bis Oktober: Dienstag bis Freitag 10 bis 17 Uhr; Samstag und Sonntag 12 bis 17 Uhr
  • Öffnungszeiten November bis April: auf telefonische Anfrage unter 03931 212136
  • Turmführungen: Jeden Sonnabend im Anschluss an die Orgelmusik, gegen 11.45 Uhr. Weitere Informationen und Kontakt: https://www.glockenverein.de/fuehrungen.html

#2 Uenglinger Tor

Das Uenglinger Tor fasziniert mich seit meinem ersten Besuch in Stendal. Dieses Mal umso mehr, denn ich darf dem Uenglinger Tor aufs Dach steigen. Stadtführer Arne Marzahn schließt nicht nur auf, sondern klettert mit uns hinauf auf die mit Zinnen besetzte Plattform. Der quadratische Backsteinbau ist 27,5 Meter hoch und verfügt über Ecktürmchen und einen runden Turmaufsatz.

Stendal, Plattform Uenglinger Tor. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Auf der Plattform des Uenglinger Tors.

Auf dem Weg nach oben erklärt er, warum das Uenglinger Tor für Stendal so wichtig ist. Zum einen war das Tor, das zu den schönsten Backsteinstadttoren Norddeutschlands zählt, Teil der mittelalterlichen Wallanlage. Von insgesamt vier Toren in Stendal sind heute noch zwei erhalten: das Tangermünder Tor und das Uenglinger Tor.

Beide Tore sind reich mit Friesen und anderen Elementen geschmückt und waren jeweils Teil einer kleinen Festung in der Stadtmauer. Die ansehnlichen Tore demonstrierten ganz nebenbei auch das Repräsentationsbedürfnis der Stendaler Kaufmannschaft.

Insbesondere ihnen diente das Uenglinger Tor auch als Verbindung zu anderen bedeutenden Hansestädten im Norden wie Salzwedel, Lüneburg und Lübeck. Kaufleute und Händler kamen und gingen, um ihren Geschäften nachzugehen. Das Uenglinger Tor entstand von 1450 bis 1460 und damit in der Blütezeit Stendals.

Stendal, Uenglinger Tor. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Uenglinger Tor.

Öffnungszeiten und Anschrift Uenglinger Tor

  • Altes Dorf 39, 39576 Hansestadt Stendal
  • Geöffnet nur von Mai bis Oktober: Dienstag bis Freitag 13 bis 15 Uhr, Samstag, Sonntag, Feiertage 10 bis 12 Uhr und 14 bis 16 Uhr.

#3 Stendaler Roland

Auf dem Marktplatz von Stendal ist die Rolandstatue nicht zu übersehen. Der ursprüngliche Stendaler Roland wurde 1525 vor der Gerichtslaube des Rathauses aufgestellt. Er symbolisiert städtische Rechte und gilt als Wahrzeichen der Stadt.

Die Statue mit dem auffälligen Federschmuck an der Kappe ist eine Kopie. Sie wurde in den 1970er-Jahren aus Elbsandstein gefertigt, nachdem ihr Vorgänger während eines Orkans schwer beschädigt wurde. Geschichten und Sagen um den Stendaler Roland kann man hier nachlesen.

Stendal, Roland. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Der Roland von Stendal.

#4 Rathaus zu Stendal

Durch das Löwenportal betrete ich jetzt das Rathaus von Stendal. Durch diese altehrwürdige Tür betreten auch die Ratsmitglieder das Gebäude. Das alte Rathaus entstand wahrscheinlich im 14. Jahrhundert und ist der Backsteingotik zuzuordnen. Die historische Gerichtslaube bietet dem Roland eine würdevolle Kulisse.

Stendal, Löwenportal des Rathauses. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Löwenportal des Rathauses von Stendal.

Eine Schnitzwand als Sehenswürdigkeit

Doch Arne Marzahn lenkt meine Schritte ins Obergeschoss. Im Festsaal des alten Rathauses zeigt er mir die älteste profane, also nichtkirchliche Schnitzwand Deutschlands.

Die detailreichen Darstellungen beeindrucken mich besonders. Die Handwerker-Gilden sind hier zu sehen, beispielsweise die Brauer und die berühmten Stendaler Tuchmacher. Aber auch biblische Figuren wie der unbesiegbare Samson, dessen Kraft auf seinem langen Haar beruht haben soll, haben die Schnitzer verewigt – sicherlich im Auftrag der Ratsherren.

Stendal, Wappen der Stadt in der Schnitzwand im Rathaus. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Wappen der Stadt in der Schnitzwand im Rathaus.

Stendal, Detail der Schnitzwand im Rathaus. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Detail der Schnitzwand.

Die Wand stammt aus dem Jahr 1462 und ist nur ein Teil des ursprünglichen Gesamtkunstwerks. Laut Arne Marzahn war der Saal einstmals komplett vertäfelt. Zur besseren Einordnung der Zeit, in der die Schnitzarbeit gefertigt wurde, hat der Gästeführer auch einen Vergleich parat: Kolumbus entdeckte Amerika 30 Jahre nach der Einweihung des Saals!

#5 Dom St. Nikolaus

Der Dom St. Nikolaus ist die Hauptkirche der Hansestadt Stendal und der ganzen Altmark. Als spätgotische Backsteinkirche wurde der Dom ab 1423 um den Vorgängerbau – die romanische Stiftskirche St. Nikolaus – herum gebaut. Die Stiftskirche, eine dreischiffige Basilika, soll der Klosterkirche von Jerichow geähnelt haben.

St. Nikolaus – ein Dom ohne Bischof

Obwohl Stendal kein Bischofssitz ist und nie einer war, wird St. Nikolaus Dom genannt. Das 1188 gegründete Stift war Papst Clemens III. direkt unterstellt. Der Papst segnete die Stiftskirche St. Nikolaus wohl von Rom aus. So war St. Nikolaus unabhängig von den Bischöfen in Havelberg und Brandenburg.

Stendal, Dom St. Nikolaus. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Dom St. Nikolaus in Stendal.

Sehenswürdigkeiten: Glasmalerei-Fenster und Chorgestühl

Bis heute sind in St. Nikolaus 22 Glasmalerei-Fenster erhalten, die im 15. Jahrhundert entstanden sind. Sie zählen zu den herausragenden Sehenswürdigkeiten Stendals. Etwa die Hälfte der Gläser stammt noch aus dem Mittelalter. Das betrifft hauptsächlich die Fenster im Chorraum. Durch die stärker gefärbten Gläser herrscht hier eine ganz besondere Atmosphäre.

Stendal, Altar Dom St. Nikolaus. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag Stendal, Glasmalerei-Fenster im Dom St. Nikolaus. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Doch nicht nur das einzigartige Licht prägt die Stimmung im Altarraum. Das mächtige geschnitzte Chorgestühl, das ebenfalls im 15. Jahrhundert entstand, trägt zu dieser Atmosphäre bei. Hier kann ich alttestamentarische Szenen, Propheten, Fabelwesen und musizierende Engel bewundern.

Stendal, Detail Chorgestühl im Dom St. Nikolaus, Arne Marzahn. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Arne Marzahn zeigt ein Schnitzbild am Chorgestühl im Dom St. Nikolaus.

Stendal, Detail Chorgestühl im Dom St. Nikolaus. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Detail am Chorgestühl im Dom St. Nikolaus.

Wiederaufbau erst 2013 abgeschlossen

Im 2. Weltkrieg wurde der Dom St. Nikolaus durch Bombentreffer schwer beschädigt. Glücklicherweise hatte man 22 Glasmalerei-Fenster rechtzeitig ausgebaut und im Gut der Familie von Alvensleben in Wittenmoor eingelagert. Der Wiederaufbau begann 1946 und wurde nach mehreren Unterbrechungen erst 2013 fertiggestellt.

Stendal, Altäre Dom St. Nikolaus. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Altäre im Dom St. Nikolaus.

Öffnungszeiten und Kontakt Dom St. Nikolaus

  • Geöffnet Mai bis Oktober von Dienstag bis Samstag 10 bis 17 Uhr; Sonntag und Feiertage 12 bis 17 Uhr; Oktober bis April auf telefonische Anfrage
  • Kontakt: Stadtgemeinde Stendal, Telefon 03931 212136

Mehr über die mittelalterlichen Kirchen in Stendal und der Altmark erfahrt ihr im Altmark-Pocast in der Folge „Damals Kirchen – heute ein Schatz“ „Damals Kirchen – heute ein Schatz“

#6 Winckelmann-Museum Stendal

Eines von mehreren sehenswerten Museen in Stendal ist das Winckelmann-Museum. Es befindet sich an der Stelle des Geburtshauses von Johann Joachim Winckelmann. Wickelmann gilt als der Begründer der Klassischen Archäologie und Kunstgeschichte. Der Stendaler lebte von 1717 bis 1768.

Die moderne Dauerausstellung widmet sich dem spannenden Leben und dem Werk Winckelmanns. Ein eigener Bereich mit vielen Mitmachangeboten wendet sich an Kinder. Hier habe ich ausführlich über das Winckelmann-Museum geschrieben.

Trojanisches Pferd im Winckelmann-Museum

Das Familienmuseum des Winckelmann-Museums besitzt das größte begehbare Trojanische Pferd der Welt. Das 15,6 Meter hohe Holzpferd steht auf dem Außengelände des Museums. Es ist begehbar und bietet eine gute Aussicht über die Altstadt von Stendal. Auf der Webseite der Winckelmann-Gesellschaft kannst du die Sage vom Trojanischen Pferd nachlesen.

Stendal, Blick vom Uenglinger Tor. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Suchbild mit Trojanischem Pferd, aufgenommen von der Plattform des Uenglinger Tors. Wer findet es?

Öffnungszeiten und Eintrittspreise Winckelmann-Museum

Öffnungszeiten, Eintrittspreise, Führungszeiten und weitere Informationen über das Winckelmann-Museum findest du hier.

#7 Stendals Wallanlage

Stendal galt im ausgehenden Mittelalter als uneinnehmbar. Die Bürger hatten ihre Stadt mit einer doppelten Wallanlage und zwei Gräben geschützt. Im 19. Jahrhundert gestalteten die Stendaler den Innenwall, auf dem sich früher die Stadtmauer erhob, zu einer Promenade um. Als grüner Ring ist sie fast vollständig erhalten. Der Wall steht unter Denkmalschutz.

Stendal, Promenade Wallanlage. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Stendal, Promenade Wallanlage.

Die alte Schmiede im Schatten des Uenglinger Tors in Stendal. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Die alte Schmiede im Schatten des Uenglinger Tors in Stendal.

Ich bin mit Gästeführer Arne Marzahn ein Stück auf dem Wall spaziert: vom Villenviertel zwischen Bahnhof und Dom, vorbei am mittelalterlichen Kloster St. Anna, dem Mönchskirchhof und der Kirche St. Petri zum Uenglinger Tor.

Während des ganzen Spaziergangs hat mir Arne Marzahn aus der alten und jungen Geschichte Stendals erzählt. So erfahre ich, dass es am Mönchskirchhof bereits im 13. Jahrhundert zwei Franziskanerklöster gab: das Franziskanerinnenkloster St. Anna und auf der gegenüberliegenden Seite des kleinen Parks das Mönchskloster der Franziskaner. Im ehemaligen Klostergebäude der Mönche ist heute die Stadt- und Kreisbibliothek untergebracht. Laut Arne Marzahn sucht man noch heute nach einem geheimen unterirdischen Gang zwischen den beiden Klöstern.

Stendal, ehemalige romanische Klosterkirche St. Anna. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Ehemalige Klosterkirche St. Anna.

Täglicher Stadtspaziergang mit Arne Marzahn

  • Montag bis Freitag, 11 Uhr
  • Treffpunkt: Tourist-Info im Rathaus
  • Preis: 5 Euro, zahlbar vor Start des Spaziergangs in der Tourist-Info

Restaurant-Tipp: „Mainly Stendal“

Ihr habt es wahrscheinlich bereits bemerkt: Um die Sehenswürdigkeiten der Hansestadt Stendal in Ruhe erkunden zu können, solltet ihr etwas Zeit mitbringen. Nur so könnt ihr eintauchen beziehungsweise abtauchen ins Mittelalter und die Zeit vergessen bei vielen spannenden Geschichten, die euch die alten Mauern zu erzählen haben.

Für den Moment, in dem euch der Magen knurrt und ihr dringend auftauchen müsst aus den alten Zeiten, empfehle ich euch das „Mainly Stendal“. Hier habe ich bei der Lektüre der Speisekarte schon wieder die Zeit vergessen. Soll ich Rinderbäckchen nehmen? Diese altmärkische Spezialität habe ich einmal im Elb-Havel-Winkel zubereiten dürfen. Auf veganes „Grünes Thaicurry mit Duftreis“ hätte ich ebenfalls Appetit.

Spezialität: Bowls

Da lenken einheimische Mitreisende meine Aufmerksamkeit auf die Bowls, die unter den Vorspeisen gelistet sind. Es gibt sie jedoch wahlweise als Vorspeise oder als Hauptgericht. Und sie werden sehr gelobt. Deshalb entscheide ich mich für die Lachs Wakame Bowl.

"Mainly Stendal": Lachs Wakame Bowl. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Lachs Wakame Bowl im „Mainly Stendal“

Welch ein Genuss: gebeizter Caipirinha-Lachs auf Wakamealgen, Gurke, Edamame und Salatmix. Besonderer Kick für meine Geschmacksnerven kommt von gedünsteten süß-säuerlichen Apfelstückchen, gerösteten Haselnüssen und Soja-Sesam-Mayo. Ich bin hin und weg!

Diese und andere kulinarische Köstlichkeiten genießt man im stylischen Loftambiente, wahlweise am Kamin oder mit Blick auf die Marienkirchstraße

Anschrift und Öffnungszeiten „Mainly Stendal“

  • Marienkirchstraße 7, Stendal
  • Geöffnet Dienstag bis Sonntag von 11.30 Uhr bis 23.00 Uhr
  • Bei schönem Wetter ist die Terrasse geöffnet.
  • Vorbestellungen telefonisch unter 0162-2476606 oder online

Anreise nach Stendal

  • Mit dem ICE von Berlin, Hannover und Hamburg
  • Mit dem Auto über die B188 oder die B189 beziehungsweise die A14

Alle Fotos, sofern nicht anders gekennzeichnet: Beate Ziehres

Vielen Dank an den Altmärkischen Regionalmarketing- und Tourismusverband, der mich zu dieser Recherche-Reise  eingeladen und den Besuch vorbereitet hat. Ich habe ein Honorar erhalten. Meine Meinung bleibt trotzdem meine eigene.

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„Piccola Sicilia“ – mit Daniel Speck auf Zeitreise in Tunis https://www.reiselust-mag.de/piccola-sicilia-daniel-speck-rezension/ Sat, 04 May 2024 22:33:25 +0000 https://www.reiselust-mag.de/?p=6124 "Piccola Sicilia" - das ist die spannende Geschichte einer jüdischen Familie in Tunis, einer verbotenen Liebe und einer außergewöhnlichen Beziehung in einer Zeit, in der die Welt aus den Fugen geriet.

Der Beitrag „Piccola Sicilia“ – mit Daniel Speck auf Zeitreise in Tunis erschien zuerst auf Reiselust-Mag.

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Während meiner jüngsten Tunesien-Reise habe ich mich erstmals mit den Geschehnissen in Tunis während des 2. Weltkriegs befasst. Da kommt mir „Piccola Sicilia“ gerade recht. Der 2018 erschienene Roman des Münchner Autors Daniel Speck lässt diese Zeit wieder lebendig werden. Um es vorweg zu nehmen: Selten hat mich ein Buch so gefesselt und mitgerissen.

Marsala, Sizilien

Die Geschichte in „Piccola Sicilia“ nimmt in Sizilien Fahrt auf. Doch das ist eigentlich ein Zufall. Im Hafenort Marsala trifft im Herbst eine bunt gemischte Menschenschar ein. Anlass: Der Schatzsucher Patrice hat das Leitwerk einer Ju 52 aus dem Meer gezogen. Der Rest des Wracks wird noch auf dem Meeresboden vor Marsala vermutet.

Es soll das letzte Flugzeug gewesen sein, das am 7. Mai 1943 in Tunis in Richtung Europa startete, bevor die Alliierten den Flughafen einnahmen. An Bord könnte sich neben Soldaten der Wehrmacht ein bisher verschwundener Schatz befunden haben. Sechs Kisten, prall gefüllt mit Schmuck und Wertgegenständen aus jüdischem Besitz.

Unter den Schaulustigen in Marsala ist die Archäologin Nina aus Berlin. Ihr geht es – wie den anderen Menschen, die sich in einem Hotel versammelt haben – nicht um den Schatz. Sie sucht Spuren ihres Großvaters, der als Kameramann der Wehrmacht nie vom Afrika-Feldzug zurückkehrte.

Piccola Sicilia, Tunis

Ehe ich mich versehe, finde ich mich 200 Kilometer südlich der sizilianischen Küste wieder – im Tunis der 1930er-Jahre. Genauer gesagt in Piccola Sicilia, einem Einwandererviertel am Hafen. Hier verlebt die jüdische Familie Sarfati unbeschwerte und glückliche Jahre in einer multikulturellen Gemeinschaft.

„Hier unten am Meer vermischten sich die Glocken von Sant’Agostino mit dem Ruf des Muezzin und den Gebeten der vierzehn Synagogen, nicht wetteifernd, sondern nebeneinander wie die verschiedenen Sprachen: Italienisch, Französisch und Arabisch in seinen beiden Dialekten, dem er Muslime und dem der Juden.“
Aus „Piccola Sicilia“

Daniel Specks Art zu Schreiben saugt mich regelrecht ein in die heile Welt von Piccola Sicilia. Ich kann das bunte Leben in den engen Gassen, der palmengesäumten Avenue de Carthage und auf den Plätzen vor den Kirchen förmlich sehen, hören und riechen.

Tunisgrad

An der Bildhaftigkeit und Anziehungskraft der Geschichte ändert sich nichts, als die Deutschen den grausamen Krieg von Europa nach Tunis tragen. Mit wachsendem Entsetzen verfolge ich, wie die Besatzer den gesellschaftlichen Zusammenhalt mit deutscher Gründlichkeit zerstören und insbesondere Juden drangsalieren. Und ich erlebe mit, wie sich die militärische und menschliche Katastrophe, die man in Deutschland Tunisgrad nennt, anbahnt.

Die Ereignisse während des Kriegs und danach sind der Rahmen für ein Familiendrama, für eine verbotene Liebe und schwierige Beziehungen zwischen Eltern und Kindern sowie einem Mann und einer Frau. Alles hätte sich zu einer anderen Zeit so nie zugetragen.

Daniel Speck erzählt von Menschen, die sich unsichtbar gemacht, selbst verloren und wiedergefunden haben. Von Getriebenen im turbulenten Strom einer wirren Zeit, in der nichts ist, wie es scheint. Kuriose Zufälle und überraschende Wendungen, die über das Schicksal der Protagonisten entscheiden, Wechselbäder der Gefühle und einzig die Gewissheit, dass alles ungewiss ist, prägen diesen Roman.

„Der Kern jeder guten Story, das wusste schon Aristoteles, ist Transformation. Am Ende ist der Held ein anderer geworden als der, der er am Anfang war“
Daniel Speck in „Terra Mediterranea – Eine kulinarische Reise ums Mittelmeer“

Zwar geht es an der zitierten Stelle aus „Terra Mediterranea“ um die Begegnung unterschiedlicher Identitäten, um die Herausforderung, eigene Grenzen zu spüren und zu überschreiten. Um nichts anderes geht es jedoch auch in „Piccola Sicilia“.

Daniel Speck

„Piccola Sicilia“ basiert auf einer wahren Begebenheit. Auch Einzelheiten der Geschichte, beispielsweise dass Araber Juden vor den Nazis versteckten, entstammen dem wahren Leben, wie der Autor der Süddeutschen Zeitung in einem Interview sagte. „Solche unbekannten Geschichten möchte ich vor dem Vergessen bewahren“, wird Daniel Speck an der gleichen Stelle zitiert.

Der Sohn eines tunesischen Arztes baut mit seinen Büchern Brücken zwischen den Kulturen. Dank Daniel Speck durfte ich in eine Welt eintauchen, von der ich bisher keine Ahnung hatte. Ich habe gelernt, was die Khamsa, die „Hand der Fatima“, ist und was das arabische Wort „mektoub“ bedeutet. Mehr noch: Mein Weltbild würde durch „Piccola Sicilia“ ein stückweit zurechtgerückt.

Doch die Reise der Helden aus „Piccola Sicilia“ geht weiter. Nachdem ich das Buch beendet habe, breitet sich eine merkwürdige Leere in mir aus. Wie nach einer Prüfung, auf die man sich lange vorbereitet hat. Ich muss wissen, wie die Geschichte weitergeht. In der „Piccola Sicilia“-Fortsetzung „Jaffa Road“ erfahre ich es. Bis das Buch eintrifft, werde ich Daniel Speck und Giò Martorana auf ihrer kulinarischen Reise rund ums Mittelmeer begleiten, sprich „Terra Mediterranea“ lesen. Um Entzugserscheinungen vorzubeugen.

Daniel Speck
„Piccola Sicilia“
ISBN 978-3-596-70261-9

Beitragsfoto: Autor Daniel Speck in La Goulette, dem früheren Piccola Sicilia, Tunis. Foto: Giò Martorana

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Das Royal Tulip Korbous Bay Hotel und die besten Ausflüge rund um Korbous https://www.reiselust-mag.de/royal-tulip-korbous-bay/ Tue, 26 Mar 2024 22:43:19 +0000 https://www.reiselust-mag.de/?p=6051 Meine Entdeckungsreise auf dem Cap Bon geht weiter. Ich bin an der Westküste der Halbinsel im Nordosten Tunesiens und hier zu Gast im Royal Tulip Korbous Bay Hotel nahe Korbous. Am Golf von Tunis dreht sich alles um Thermalwasser und Thalasso.

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Im Kurstädtchen Korbous an der Westküste des Cap Bon bin ich zu Gast im Royal Tulip Korbous Bay Hotel. Die Region im äußersten Nordosten von Tunesien ist gesegnet mit ergiebigen Thermalquellen. Dementsprechend lockt das Royal Tulip Korbous Bay mit einem vielfältigen Thermal- und Thalasso-Therapieangebot. Doch es lohnt sich, auch Korbous und den Westen der Halbinsel Cap Bon zu erkunden. Spannende Ausflüge führen zu den Ausgrabungsstätten von Sidi Rais und nach Port aux Princes. Auch ein Bad im von Thermalquellen erwärmten Meer gehört zu einem Urlaub an der Bucht von Tunis.

Hotel Royal Tulip Korbous Bay

Bei meiner Ankunft im Royal Tulip Korbous Bay Hotel ist die Sonne bereits in der Bucht von Tunis versunken. Trotzdem führt mein erster Weg hinaus auf die Terrasse. Für die wunderschöne Lobby werde ich erst später Augen haben.

Mit einem Begrüßungsdrink in der Hand lasse ich den Blick über den Pool und die kleine hoteleigene Bucht wandern. Auf der gegenüberliegenden Seite des Golfs von Tunis funkeln die Lichter von Sidi Bou Said und der Côte de Carthage. Ein berauschender Anblick, von dem ich mich kaum lösen kann!

Royal Tulip Korbous Bay Hotel, Tunesien, Abendlicht. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Blick von der Terrasse bei meiner Ankunft im Royal Tulip Korbous Bay Hotel.

Hinter dem im Juli 2022 eröffneten Royal Tulip Korbous Bay ragen üppig bewachsene Berge und kahle Klippen in den Himmel. Eigentümer Ferid Abbas, ein tunesischer Geschäftsmann und Visionär, lässt in seinem Hotel den Glanz des alten Seebads Korbous wieder aufleben. In luxuriösem Ambiente genießen die Gäste hier unter anderem die beeindruckende Natur des Cap Bon und entspannen zugleich auf höchstem Niveau.

Royal Tulip Korbous Bay Hotel, Tunesien. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Ein Infinity-Pool dient der Entspannung der Hotel-Gäste.

Royal Tulip Korbous Bay Hotel, Tunesien, Lobby. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Die Hotel-Lobby.

Royal Tulip Korbous Bay Hotel, Tunesien, Eingang. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Eingangsbereich mit Galerie des Beys.

Voller Vorfreude denke ich an die nächsten Tage. Ich werde die berühmten Thermalquellen von Korbous, das Kurstädtchen selbst und das antike Carpis erkunden. Außerdem buche ich gleich eine Anwendung im hauseigenen Spa „Les Eaux de Carpis“.

Zimmer und Suiten im Royal Tulip Korbous Bay

Doch nun bin ich neugierig auf mein Zimmer. Mich umfängt traditionell tunesisches Flair in geschmackvollem Beige mit türkisfarbenen Elementen – ganz dem Farbkonzept des Hauses entsprechend. Meine Füße versinken in wohlig-weichen, dicken Teppichen, die auf dem kühlen Marmorboden liegen.

Auf großzügigen 44 Quadratmetern finde ich ein Kingsize-Bett vor und ein Bad mit jeglichem Komfort. Besonders gut gefällt mir, dass der Kleiderschrank im Bad untergebracht ist. Außerdem habe ich eine eigene möblierte Terrasse mit Meerblick! Ich ahne bereits, dass ich mich am nächsten Morgen wieder nicht sattsehen kann am Spiel des Lichtes auf den Wellen in der Bucht von Tunis.

Royal Tulip Korbous Bay Hotel, Tunesien, Zimmer. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Kingsize-Bett.

Royal Tulip Korbous Bay Hotel, Tunesien, Zimmer. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

In meinem Zimmer steht frisches Obst und alles für ein Bad im Thermalwasser bereit.

Royal Tulip Korbous Bay Hotel, Tunesien, Zimmer mit Aussicht. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Der erste Blick am Morgen aus meinem Fenster!

Dank hervorragender Schallisolierung und dem sehr bequemen Bett schlafe ich übrigens wie ein Murmeltier und wache am Morgen bestens ausgeruht auf.

Das Royal Tulip Korbous Bay Hotel verfügt über 118 Zimmer, die meisten davon bieten Balkon sowie Meer- oder Gartenblick. Daneben gibt es 41 Suiten mit Terrasse und Meerblick. Die Suiten unterschiedlicher Größen verfügen über ein bis zwei Schlafzimmer sowie ein großes Wohnzimmer.

Villen

Wer es noch geräumiger haben möchte, findet das besondere Wohnerlebnis in einer der Villen. Sie liegen unterhalb des Hauptgebäudes und bezaubern mit einem privaten Pool, großzügiger Terrasse, Meerblick, zwei bis drei Schlafzimmern und ebenso vielen Bädern, einem großen Wohnzimmer und einer Kochnische.

Royal Tulip Korbous Bay Hotel, Tunesien, Villa. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag Royal Tulip Korbous Bay Hotel, Tunesien, Villa, Pool. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag Royal Tulip Korbous Bay Hotel, Tunesien, Villa, Pool, Terrasse. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag Royal Tulip Korbous Bay Hotel, Tunesien, Villa, Wohnzimmer. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag Royal Tulip Korbous Bay Hotel, Tunesien, Villa, Schlafzimmer. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag Royal Tulip Korbous Bay Hotel, Tunesien, Villa, Bad. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Pools im Royal Tulip Kourbus Bay Hotel

Ein absolutes Highlight und für mich das Herz des Royal Tulip Korbous Bay Hotels ist der Infinity-Pool mit Sonnenterrasse über der Bucht von Tunis. Im Winter schwimmt man hier in warmem Thermalwasser aus den Quellen von Korbous. Während der Sommersaison genießt man in erfrischendem Meerwasser die Aussicht.

Royal Tulip Korbous Bay Hotel, Tunesien, Pool, Sonnenterrasse. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Infinity-Pool und Sonnenterrasse.

Royal Tulip Korbous Bay Hotel, Tunesien, Pool, Abendlicht. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Pool im Schein der untergehenden Sonne.

Darüber hinaus verfügt das Haus über drei Hallenbäder. Zwei der Indoor-Pools sind je nach Jahreszeit wechselnd mit Thermalwasser oder mit Meerwasser gefüllt. Eines der Hallenbäder wendet sich an Liebhaber von kaltem Süßwasser. Im Wellness-Bereich gibt es einen Whirlpool.

Strand des Hotels Royal Tulip Korbous Bay

Als Besonderheit an einem eher felsigen Küstenabschnitt dürfen sich die Gäste des Royal Tulip Korbous Bay Hotels über eine Privatbucht mit einem geschützten Sandstrand freuen. In dieser Bucht gibt es auch einen kleinen Yachthafen.

Royal Tulip Korbous Bay Hotel, Tunesien, Privatbucht. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Privatbucht mit Strand und Anlegemöglichkeiten für Yachten.

Royal Tulip Korbous Bay Hotel, Tunesien. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Privater Sandstrand.

Spa „Les Eaux de Carpis“

Nach einem ersten Erkundungsausflug in die Umgebung und einem köstlichen Mittagessen im Restaurant „L’Espadon“ – zu Beidem unten mehr – steht mein Termin im Thermal- und Thalasso-Therapiezentrum an. Aus dem beeindruckend umfangreichen Spa-Angebot habe ich eine ayurvedische Massage ausgewählt.

Das Wellness-Paradies entpuppt sich beim zweiten Blick als Labyrinth – aber eines der angenehmen Sorte. Das ist nicht verwunderlich, erstreckt sich der Wellness-Bereich doch über vier Etagen! Dank bester Organisation und vielen hilfsbereiten Geistern finde ich „meine“ Masseurin, die mir schon entgegeneilt, um mich in eine von 31 Behandlungskabinen zu entführen. In gefühlt völliger Abgeschiedenheit und Ruhe verwöhnt mich Karima im wahrsten Sinne des Wortes vom Scheitel bis zu den Fußsohlen mich mit wunderbar entspannendem warmem Öl.

Royal Tulip Korbous Bay Hotel, Tunesien, Spa, Karima. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Karima verwöhnt mich mit warmem Öl.

Am Ende fühlt sich mein Körper völlig geschmeidig an. Karima bringt mich in einen Ruheraum, wo man mir warmen Kamillentee und Wasser reicht. Ich genieße noch eine Weile, an gar nichts denken zu müssen, bevor ich wieder in die Wirklichkeit zurückkehre.

Royal Tulip Korbous Bay Hotel, Tunesien, Wellness-Bereich, Ruheraum. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Der Ruheraum des Wellness-Bereichs.

Restaurants und Bars

Die kulinarische Krönung des Cap Bon ist für mich das hauseigene À-la-Carte-Restaurant „L’Espadon“, zu deutsch „Der Schwertfisch“. Tatsächlich kommt hier viel Fisch auf den Tisch. Mein Favorit war „Cotriade von Jakobsmuscheln mit Mango- und Majoran-Zabaglione“ – ein Gedicht!

Doch auch Fleischgerichte sind mir in guter Erinnerung geblieben. Wenn ich beispielsweise an „Herz aus mariniertem Rinderfilet mit rosa Lorbeer, gebratenes Entenstopfleber-Medaillon mit Ananas-Chutney und Kap-Artischocken“ denke, läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Das i-Tüpfelchen auf diesem Gericht war für mich die klassische Sauce Grand Veneur mit ganzen Sauerkirschen.

Die Desserts im „L’Espadon“ sind ebenfalls eine Klasse für sich.

Royal Tulip Korbous Bay Hotel, Tunesien, Restaurant L'Espadon, Fischgericht. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag Royal Tulip Korbous Bay Hotel, Tunesien, Fleischgericht, L'Espadon. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag
Royal Tulip Korbous Bay Hotel, Tunesien, Restaurant L'Espadon. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Im Restaurant L’Espadon stehen mediterrane Köstlichkeiten auf der Karte. Man genießt sie mit Blick auf den Golf von Tunis.

Natürlich verfügt das Royal Tulip Korbous Bay auch über ein Buffet-Restaurant, das „Amwej“, und ein Pool-Restaurant namens „Zembra“ für den Snack zu Mittag.

In der englischen Bar „Le Bar du Cap“ versinkt man mit einem Drink in der Hand am warmen offenen Kamin in weichen Sesseln. Daneben gibt es die „SunSet Lounge“ und das „Café Maure“ in der Galerie des Beys. Letzteres kann ich sehr empfehlen, um in maurischem Ambiente vor dem Schlafengehen noch einen typisch tunesischen süßen Tee mit frischer Minze zu genießen.

Korbous, die Königin der Kurorte

Unser erster Ausflug führt uns nach Korbous. Das Kurstädtchen liegt an der sogenannten „Côte du Soleil“ und nur 2,5 Kilometer Luftlinie entfernt vom Royal Tulip Korbous Bay Hotel. Wollte man jedoch einen Spaziergang vom Hotel nach Korbous unternehmen, wäre man mehr als fünf Stunden unterwegs. Die Straße, die entlang eines Felsvorsprungs von Korbous am Meer entlang nach Süden führte, wurde von einem Erdrutsch zerstört. Seitdem ist im Ort viel touristische Infrastruktur verloren gegangen.

Ferid Abbas, einer der reichsten Männer des Landes, möchte den in Tunesien wohlbekannten Kurort aus dem Dornröschenschlaf erwecken. Schließlich badeten hier schon die Römer in den heißen Quellen. Um 1900 entdeckte ein französischer Geschäftsmann, Edmond Lecore-Carpentier, diesen Fleck Erde und die heilkräftigen Quellen gewissermaßen wieder. Er entwickelte Korbous zu einem der ersten touristischen Orte in Tunesien, der sich voll und ganz dem Thermaltourismus widmete.

Korbous. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Die Hauptstraße von Korbous. Rechts sind Wohnungen zu vermieten.

Ferid Abbas, Royal Tulip Korbous Bay Hotel. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Ferid Abbas will Korbous wieder zum alten Glanz verhelfen.

Von der Einfahrt des Royal Tulip Korbous Hotels aus kann man die Bauarbeiten für die neue Straße nach Korbous beobachten. Sie wird wieder am Meer entlang führen. Doch auch über die Anbindung hinaus soll Korbous als modernes Thalasso-Zentrum wieder attraktiv werden für Urlaubsgäste. Ferid Abbas schweben Thermalbäder im römischen Stil vor, die sich in die Landschaft einpassen, wiederbelebte traditionelle Hotels und eine Marina. Auch eine Bootsverbindung von Sidi Bou Said nach Korbous kann sich der Geschäftsmann gut vorstellen.

Thermalquellen

Die Thermalquellen von Korbous entspringen teilweise in den Bergen entlang der Küste und teilweise direkt im Meer. Ich nehme Anfang Februar ein Bad im Meer, das von der Quelle Ain Atrous erwärmt wird. Die wichtigste Quelle der Region hat eine Temperatur von 58 Grad und eine beachtliche Schüttung von 39 Litern pro Sekunde. Sie wird auf einer Terrasse über dem Meer gefasst und ergießt sich dann dampfend über die Felsen ins Meer.

Korbous. Heiße Quelle Ain Atrous. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Das Wasser aus der Thermalquelle Ain Atrous fließt sich aus einem Becken ins Meer.

Ich tauche zuerst einen Fuß in den kleinen natürlichen Pool unterhalb des Wasserfalls. Hier haben bereits die Herren der Schöpfung Platz genommen. Huii!! Das Wasser hier ist mir um einiges zu heiß. Da klettere ich doch lieber in eine Grotte, in der sich schon zwei Kolleginnen meerjungfrauengleich aalen. Hier ist es angenehm kuschelig!

Korbous. Baden im erwärmten Meer. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Ein Bad im erwärmten Meer ist mit etwas Kletterei verbunden.

Als Glück erweist sich im Nachhinein, dass wir schon vor 10 Uhr bei Ain Atrous waren. Der Besucherandrang ist zu dieser Zeit überschaubar, wir sind die einzigen, die im Meer baden. Als wir um 11 Uhr die Stelle wieder passieren, haben die Essensstände geöffnet. Auf dem Feuer nehmen kleine grüne Paprikaschoten Farbe an und es bilden sich bereits Menschentrauben. Also: Früh aufstehen lohnt sich in diesem Fall besonders.

Bummel durch Korbous

Ein Besuch in Korbous darf auf keinen Fall fehlen, wenn man Gast von Ferid Abbas ist. Der Ort versprüht den Charme der guten alten Zeit. Die Pracht eines großen Kurortes ist noch sichtbar, hat jedoch deutlich Patina angesetzt. Mit etwas Fantasie erkennt man beim Bummel auf der einzigen Straße das Potenzial, das den Geschäftsmann ins Träumen bringt.

Korbous. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Die frühere Pracht ist in Korbous noch erkennbar.

Korbous. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Zur Zeit gibt es hier kaum Kurgäste.

Keine Schilder, keine Menschenschlangen weisen in Korbous auf die Stellen hin, an denen das heilsame Wasser aus dem Berg austritt. In Entdeckerlaune betrete ich eine einsame schmale Gasse, ja eher einen Hinterhof. Hier finde ich den Zugang zur Quelle Ain Echfa. Die Quelle ist seit der Antike bekannt. Mit einer Temperatur von 59 Grad und einer Schüttung von 24 Litern pro Sekunde versorgt sie unter anderem das Thermalbad von Kourbous und neuerdings auch das Thermalbad des Hotels Royal Korbous Bay.

Korbous. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

An kleinen Terrassen vorbei führt der Weg zur heißen Quelle Ain Echfa.

Korbous. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag Korbous. Quelle. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag Korbous. Ziegen. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Freundlicherweise darf ich einen Blick ins örtliche Thermalbad werfen. Hier schießt das Quellwasser dampfend und zischend aus den Wasserhähnen in altmodische Badewannen. Es bleibt bei einem kurzen Blick, länger will ich meine Technik dem Wasserdampf nicht aussetzen. Korbous gilt übrigens als Geheimtipp bei Gelenkentzündungen.

Von einer ganz archaischen Erfahrung, nämlich einem Bad in Ain Araka, einem unterirdischen Dampfbad, das möglicherweise bereits seit der Antike genutzt wird, berichtet Tina Bou in einem Beitrag.

Sidi Rais

Auf einem Weg, der von Felsstürzen stark in Mitleidenschaft gezogen ist, wandern wir vom Hotel Royal Tulip Korbous Bay an der Küste entlang in Richtung Süden. Nach etwa zwei Kilometern kommt ein Sandstrand in Sicht. Besonders an Sonntagen sind die Hügel über dem Wasser bei den Einheimischen beliebt, um die warme Februarsonne zu genießen und den freien Tag mit Freunden zu feiern.

Sidi Rais, Tunesien, versunkener antiker Hafen. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Beliebter Picknickplatz am Meer bei Sidi Rais. Im Wasser sind Steinwälle zu sehen. Ob sie zum antiken römischen Hafen gehörten?

Römische Hafenanlage

Der Zweck unseres Ausflugs nach Sidi Rais ist, die Reste der antiken Stadt Carpis zu erkunden. Am Abend zuvor haben wir die Archäologin Ouafa Ben Slimaine getroffen. Die Forschungsbeauftragte im Bereich archäologische Unterwasserforschung beim Institut National du Patrimoine hat uns von der archäologischen Stätte und den Ausgrabungsarbeiten berichtet. Am Strand von Sidi Rais wurden Ruinen entdeckt, die der antiken Stadt Carpis zugeordnet werden. Es handelt sich wohl um Läden oder Lagerhäuser, die zu der römischen Hafenanlage gehören.

Sidi Rais, Tunesien, römische Hafenanlagen. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Reste eines Gebäudes, das wohl zu den römischen Hafenanlagen gehörte.

Im seichten Wasser sind ebenfalls Strukturen eines Hafens zu erkennen. Die Archäologin berichtet, dass in diesem Bereich vier Schiffswracks und sehr viele Amphoren unterschiedlicher Herkunft gefunden wurden. Den Gefäßen nach zu urteilen waren mindestens zwei der gesunkenen Schiffe mit Wein aus Italien beladen. Die Amphoren stammen aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. Daneben kommen auch afrikanische Amphoren aus der Zeit um 400 n. Chr. vor.

Sidi Rais, Tunesien, versunkene Hafenanlagen. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Im Hintergrund sind Reste des Hafens der antiken Stadt Carpis zu sehen.

Sidi Rais, Tunesien, antike Tonscherben. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Tonscherben aus römischer Zeit, selbst am Strand gefunden.

Ausgrabungen: antike Stadt Carpis

Von den Hafenanlagen ist es nur ein kurzer Weg zu einer 133 Hektar großen Ausgrabungsfläche im Landesinneren. Vieles spreche dafür, dass dies die antike Stadt Carpis sei, sagt Ouafa Ben Slimaine. Fest steht, dass der Ort von Puniern und Römern bewohnt wurde.

Die Archäologen haben öffentliche Monumente wie ein Amphitheater, den Keller einer Therme, ein Wasserreservoir, verschiedene Becken, Wohnstätten und ein Aquädukt freigelegt. Außerhalb der Stadt existieren römische und punische Grabstätten.

Sidi Rais, Tunesien, Ausgrabungsstätte. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Reste einer antiken Wasserleitung.

Sidi Rais, Tunesien, Ausgrabungsstätte. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Die Archäologen vermuten hier die Mauern der antiken Stadt Carpis.

Der Boden bei den Ruinen am Strand und auf der riesigen Ausgrabungsstätte ist übersät mit antiken Tonscherben. Die Forscher gehen davon aus, dass dies vor Jahrtausenden ein bedeutender Standort für Keramikproduktion war. Das älteste Tonartefakt stammt aus punischer Zeit, andere aus römischer Produktion.

Sidi Rais, Tunesien, antike Tonscherben. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Tonscherben auf Schritt und Tritt.

Sidi Rais, Tunesien, antike Tonscherben. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Henkel einer Amphore, ebenfalls selbst gefunden.

Heute sind die Eigentumsverhältnisse des Geländes ungeklärt – ein Umstand, der den Fortgang der Forschungsarbeiten erschwert. Azouz Ennifar, ehemaliger tunesischer Botschafter, Untergeneralsekretär der UN und ein guter Freund von Ferid Abbas, erzählt von einem Plan: In der Nähe der Ausgrabungsstätten sollen ein Golfplatz und ein Kultur- und Folkloreforum entstehen. So wollen die beiden Freunde den Erhalt der Relikte aus der Vergangenheit sichern. Besuchern soll zugleich die Bedeutung der Ausgrabungen veranschaulicht werden.

Derzeit sind die häufigsten Gäste in der antiken Stadt noch vierbeinig und blöken. Sicher ist, dass sie keinen Schaden anrichten.

Sidi Rais, Tunesien, Ausgrabungsstätte, Schafe. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Begegnung der tierischen Art im antiken Carpis.

Port aux Princes, Cap Bon

Ein weiter Ausflug vom Hotel Royal Tulip Korbous Bay aus führt mich nach Port aux Princes. Der Ort auf dem Gebiet der Gemeinde Takelsa besteht aus einem verlassenen schlossartigen Gebäude, einem sehr langen Sandstrand und einer mutmaßlich punischen Hafenanlage. Es könnte der Hafen des antiken Ortes Marsa Nakhla gewesen sein.

Port aux Princes, Tunesien. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Blick auf die Bucht von Port aux Princes.

Port aux Princes, Tunesien. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag Port aux Princes, Tunesien, versunkener Hafen. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag Port aux Princes, Tunesien, Strand. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag
Port aux Princes, Tunesien, Küste. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Port aux Princes.

Ich bin so vertieft in die Erkundung der Felsenlandschaft am Fuß des Burgbergs und in das Spiel der türkisfarbenen Wellen zwischen den Steinen, dass ich die Zeit vergesse. So schaffe ich es nicht mehr, eine Lost-Places-Tour durch das verlassene Schloss zu unternehmen. Hier gibt es jedoch Fotos. Dem Vernehmen nach soll das Anwesen Wassila Bourguiba, der Gattin des ersten Präsidenten der Republik Tunesien, gehört haben.

Port aux Princes, Tunesien, Schloss. Foto: Beate Ziehres, Reiselust-Mag

Schloss in Port aux Princes.

Alle Fotos: Beate Ziehres

Der Aufenthalt im Hotel Royal Tulip Korbous Bay und die Recherche erfolgten auf Einladung und mit Unterstützung des Hotels sowie in Kooperation mit dem Tunesischen Fremdenverkehrsamt in Frankfurt. Vielen Dank auch an Chawki Kabtni und Mourad Ben Said, die mir die Besonderheiten und die Schönheit der Region um Korbous näher gebracht haben! Die Reise wurde unterstützt von Bonheur Voyages in Hammamet.

Weitere Sehenswürdigkeiten auf dem Cap Bon beschreibe ich in meinem Post über Kelibia und das Cap Bon.

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